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Xandis Glocknerkönig 2016

Foto: www.Marathon-Photos.com

Alle Jahre wieder

Wieder mal Anfang Juni, wieder mal Heimatbesuch mit Abstecher auf den Glockner.

Da ich ja in Bruck an der Großglocknerstraße aufgewachsen bin, ist es ein wahres Heimspiel. Ich fahre die Strecke auch jedes Jahr fünf bis sechs Mal. Ich kenne die Strecke von Bruck auf eben jenes Fuscher Törl sehr gut, ich würde jetzt nicht sagen, wie meine Westentasche, aber ich weiß genau, was wo auf mich wartet, wo die Steigung anzieht, wo sie nachlässt, wo ich mich ein wenig erholen kann und wo ich mich einfach mal so richtig reinhauen muss. Das erleichtert das Vorhaben Glocknerkönig 2016 ungemein. Ich bin bei Weitem nicht der schnellste, meinen Heimvorteil kann ich nicht in eine Spitzenplatzierung ummünzen, aber das muss auch gar nicht sein. Es ist ein Ritual, das sich nun seit 2009 jährlich wiederholt. Und heuer ist es auch Teil meiner Vorbereitung auf den Ötzi, für den ich ja wieder einen Startplatz habe.

Heuer lief es allerdings im Vorfeld ein wenig anders. Aufgrund persönlicher Umstände habe ich doch deutlichen Trainingsrückstand im Vergleich zum Vorjahr, es sind sicherlich um mindestens 500 km weniger, die ich heuer auf der Uhr habe. Andererseits habe ich eher ungewollt innerhalb von drei Wochen sechs Kilo abgenommen, dies allerdings sicher nicht trainingsbedingt. Und drei Tage vor dem Glocknerkönig meldet sich auch noch mein kleiner Bruder, der kürzlich wieder zurück in den Heimatort gezogen ist, um den schon länger besprochenen Männerabend zu machen. Gut, also machen wir es so. Freitag fahrt in die Heimat. Die Übernachtungsmöglichkeit in meinem Elternhaus ist natürlich der Wahnsinn, ich werde auch noch verköstigt, also kann ich über gar nichts klagen.

Beim Männerabend hat es ein wenig Bier und Whisky gegeben, also die ideale Vorbereitung. Den Samstag nutze ich auch noch für familiäre Verpflichtungen, denn wann kommt man schon mal mit so viel Zeit in die Heimat. Also auch mit Einrollen ist nicht viel. Beim Abholen der Startnummer habe ich den unschätzbaren Vorteil, dass keinerlei Namensnennung notwendig ist, den Xandi kennt man noch in seiner Heimat.

Dann ist der Tag gekommen. Es ist Sonntag, sechs Uhr früh, ich sitze gerade am heimatlichen Küchentisch und nehme das Frühstück zu mir. Die Nervosität ist kaum vorhanden, weil ich das Procedre ja schon bestens kenne und der Glocknerkönig für mich ja schon echte Routine ist. Ich stehe in der Startaufstellung sehr weit hinten, wie üblich. Ich muss da nicht vorne rein, ich spiele doch nicht fahrende Schikane für die schnellen Leute. Und da meine Zielsetzung sowieso auf 2:50 hinausläuft, kann ich mich auch im letzten Drittel der Starter einordnen.

Glocknerkönig – Das Rennen

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Foto: www.Marathon-Photos.com

Sieben Uhr, Startschuss. Bis ich vorne an der Startlinie bin, vergehen locker flockig mal fünf Minuten. Dann fröhliches Pedalieren rein nach Fusch. Ich schaue, dass ich immer irgendwie ein Hinterrad habe, es gelingt mir aber oft nicht. Ist vielleicht auch besser so, die Straße ist noch nass vom Regen in der Nacht. Aber von Zeit zu Zeit erwische ich schon irgendwo etwas Windschatten, um mich auszuruhen. Angelangt bei der Embachkapelle geht’s jetzt mal ein wenig steiler bergauf. Die ersten drehen ab, um sich ihrer Regenjacke zu entledigen. Dieses Problem kenne ich wieder gar nicht, ich bin mit kurz/kurz gestartet, also alles easy. Anfangs scheint mir mein Bergauftritt etwas schwer, schwerer als noch eine Woche zuvor, als ich da schon mal rauf bin. Da ich die Strecke aber ziemlich gut kenne, habe ich hier noch nicht die großen Bedenken, denn bis zur Mautstelle komme ich auf jeden Fall locker, und dann zeigt es sich sowieso. Kurz, bevor ich dann in Ferleiten bin, fängt es an, leicht zu nieseln. Zwar etwas minderprickelnd, aber gut, das muss man so hinnehmen. Im Flachstück mal erste Nahrungsaufnahme, die Banane darf daran glauben.Und mit der Zeit bis dahin, bin ich sehr zufrieden, ich bleibe unter 46 Minuten bis zur Mautstelle. Danach ab in ein ewig langes Steilstück, das bis zur ersten Kehre reicht. Hier bin ich dann ganz bei mir selbst, denn die Leute rund um mich sind alle in ähnlichem Tempo unterwegs, hier hat die Steilstufe bis Ferleiten eine sehr gute Selektion erbracht. Ich finde meinen Rhythmus und trete meinen Stiefel. Ich komme echt gut voran und bin der festen Überzeugung, dass die 2:50 zu knacken sind, mein persönlicher Rekord von 2:43:59 aus dem Jahr 2010 scheint wohl außer Reichweite. Ich fahre also weiter hoch und überraschend zügig ist dann die erste Verpflegung am Piffkar erreicht. Auch hier werde ich wiedererkannt von den Helfern. Man merkt eindeutig, hier bin ich zuhause. Ich fasse mir doch drei Becher Tee, und fülle am Brunnen meine Wasservorräte auf, wie ich es immer mache, wenn ich den Glockner von der Nordseite hochfahre. Und ein Riegelchen geht natürlich auch noch.

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Foto: www.Marathon-Photos.com

Weiter geht’s. Das Wetter bleibt schlecht, stört mich aber kaum. Ich bin ziemlich gut drauf und beschließe beim Blick auf den Garmin, dass ich eine Zeit von 2:47 anpeile. Hier kommt mir einfach meine Streckenkenntnis zugute. Und ich weiß auch, wie schnell ich normalerweise an gewissen Stellen unterwegs bin. Und heute bin ich durchwegs flotter. Sicher, hier geht’s nicht um Welten, aber um Zehntel-km/h bzw. deren mehrere. Ich freue mich drüber und bin zugleich noch ein wenig mehr motiviert. Also geht’s weiter. Schneller als gewohnt erreiche ich dann die beiden Nassfeldbrücken in dieser einen langgezogenen Linkskurve, die nicht eng genug ist, um sich Kehre zu schimpfen. Darauf folgt ein relativ langes und auch wieder steileres Stück bis hoch zur zweiten Verpflegung bei Kehre neun. Auch hier nehme ich wieder ein Teechen zu mir, und dann noch eins und schließlich noch eins, man gönnt sich ja sonst nicht. Auch etwas zu Beißen gibt’s hier wieder für mich. Ich weiß ja inzwischen schon, wieviel ich zum Essen brauche, wenn ich den Glockner in Angriff nehme. Jetzt dann locker flockig der Edelweißwand entlang, ich komme echt gut vorwärts. Dann, als ich bei der Naturschau beim Wilfried-Haslauer-Haus angelangt bin, ändere ich nach erneutem Blick auf meinen Edge 810 die Zielsetzung. Es sollten jetzt 2:45 werden. Ich lege also noch einen drauf. Der Tritt ist weiterhin relativ rund und es gibt rein gar nichts zu meckern. Das Ziel, die Kapelle am Fuscher Törl, im Blick, bin ich weiterhin gut motiviert. Es sind ja keine zwei Kilometer mehr, das pack ich schon. Ein paar hundert Meter weiter kreisen meine Gedanken dann. So, was ist, wenn ich jetzt wirklich alles reinhaue, es könnte sich ein persönlicher Rekord für mich ausgehen. Hab ich das noch drin? Ich meine, meine Zeit aus dem letzten Jahr hab ich sowieso schon um mehr als zehn Minuten unterboten. Was solls, ich versuchs. Noch einmal wird einer draufgelegt, denn jetzt geht’s um alles. Ich gehe schon vor der Abzweigung zur Edelweißspitze aus dem Sattel und denke mir, ok, 400 Meter Bergsprint, das wird’s. Also gib ihm. Ich schalte ein wenig hoch und gebe jetzt alles, was in mir steckt. Das Publikum johlt und gröhlt, ich werde mit meinem Namen angefeuert, hier hilft es, dass dieser groß auf der Startnummer aufgedruckt ist. Hundert Meter vor dem Ziel merke ich dann, wie mir schön langsam der Saft ausgeht. Egal, jetzt geht’s nur noch mit dem Kopf durch die Wand. Das Atmen wird durch ein Stöhnen ersetzt, ich lege nochmals zu. Endlich, die Ziellinie ist erreicht, ich bin so fertig, dass meine Zunge fast auf den Straßenbelag runterreicht, glücklicherweise kann ich das Aroma des Asphalts nicht schmecken. Ich schaue auf den Garmin und denke mir, es müsste sich ausgegangen sein, bin mir nicht ganz sicher, aber es sollte geklappt haben

Geschafft

Jetzt Medaille abgeholt, Kleidersack ausgefasst, umgezogen, Luft geholt und runter. Wenn die Straße noch gesperrt ist, macht die Abfahrt mehr Spaß. Und siehe da, ich komme locker vor der Aufhebung der Straßensperre zur Mautstelle runter. Es geht gleich weiter, ich fahre raus nach Bruck, biege dann natürlich ab zu meinem Elternhaus. Dort angekommen, gönne ich mir eine wohltuende Dusche und lass mich dann von meiner Mutter bekochen. Und dann kommt das ersehnte Ergebnis-SMS: 2:43:33

Ich habe meinen Rekord um 26 Sekunden unterboten. Herrlich, ich bin extrem stolz auf mich. So können meine Heimatbesuche immer aussehen.

Ein Beitrag von:
Alexander Trauner
Gemütlicher Österreicher, aufgewachsen in der rauhen Gegend am Fuße der Großglockner Hochalpenstraße, wohnhaft in Salzburg. Früher nur Passivsportler, dann 2008 dank großer Klappe zum Radfahren gestoßen, 2009 mein erstes Rennrad gekauft und seither gerne im gemäßigten Tempo in der Gegend unterwegs.
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