Tour de Kärnten 2018
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Tour de Kärnten 2018

Titelfoto: (c) Bernhard Felder

Urlaub heißt für Cycling Adventures-Teammitglieder nicht immer auch Urlaub vom Rennrad fahren und manchmal nichtmal Urlaub vom Rennrad fahren mit anderen. Ich fahre zwar gerne mal alleine oder zu zweit durch verschiedene Regionen, doch im Mai 2018 stand ein Urlaub der anderen Art auf dem Programm. Die Tour de Kärnten wurde als Urlaub um das Pfingstwochenende eingeplant. Auf sechs Etappen sollte es von Ossiach aus durch Kärnten gehen. Auf dem Programm standen von Samstag bis Donnerstag ein Einzelzeitfahren, vier Etappen mit Massenstart und ein Bergrennen mit Blockstart jeweils mit Zeitnehmung, um die jeweiligen Tagessieger sowie die besten der Gesamtwertung zu ermitteln. Am Freitag vor Pfingsten hieß es also nach der Arbeit das Auto beladen und ab in den Süden. Trotz angekündigtem Reiseverkehr kamen Lorraine und ich gut durch und konnten nach unserer Ankunft gleich noch eine Runde um den Ossiacher See rollen, wo am nächsten Tag auch das Einzelzeitfahren stattfinden würde.

Einzelzeitfahren um den Ossiacher See

Nach dem Abholen der Startunterlagen inklusive einem mit dem Tour de Kärnten Logo bestickten Handtuch als Startgeschenk und dem Teilnehmerbriefing, wo ausdrücklich auf die einzuhaltende Straßenverkehrsordnung hingewiesen wurde, da die Straßen ganz normal für den Verkehr freigegeben waren, ging es ans fertig machen für den Start. Am Nachmittag, um 13.00 Uhr rollte die erste Frau von der Startrampe und in 30-Sekunden-Abständen folgten etwa 30 weitere Frauen und rund 300 Männer. Die Strecke führte von Ossiach auf der Süduferstraße nach Westen in den Villacher Stadtteil Landskron, von dort auf die Norduferstraße und auf dieser am See entlang und weiter bis Feldkirchen. Über die Süduferstraße ging es zurück nach Ossiach – insgesamt rund 39,5 km mit 240 Hm verteilt auf mehrere kurze Wellen. Aufwärmen auf der Rennstrecke erschien mir als ungeeignet, daher habe ich mich für etwa 20 Minuten auf der ungeliebten Rolle als Vorbereitung entschieden. Kurz vor dem Start habe ich noch das Angebot von Günther und Petra, ich könne doch ihre Zipp 404 vorne und die Zipp 808 hinten nutzen, um auch ohne Zeitfahrrad etwas schneller zu sein.
Um 14.13 rollte ich schließlich los. Mein Plan war die Hügel schnell zu fahren und in den flachen Abschnitten nicht zu sehr rauszunehmen. Am ersten Streckenabschnitt war Rückenwind und entsprechend am Nordufer des Sees Gegenwind. Hinzu gesellte sich Wasser von einem Regenguss, der kurz zuvor das Nordufer beglückt hatte. Die Ortsdurchfahrten mit vielen Ein- und Ausfahrten sowie Zebrastreifen waren in möglichst aerodynamischer Position doch eine Herausforderung, um auch alles zu sehen, das zu einem Hindernis für mich werden könnte. Nach dem Anstieg kurz vor Feldkirchen ging es tendenziell bergab zurück zum See. Beim Einkaufszentrum wurde ich durch einen wenig aufmerksamen Samstagnachmittagseinkäufer noch kurz ausgebremst, bevor der Rückweg mit Rückenwind nochmal einen schnellen Abschnitt brachte. Mit 58:40 min konnte ich mich auf dem 129. Platz klassieren, womit ich in Anbetracht der rund um mich stattfindenden Materialschlacht doch sehr zufrieden war.

Ironmanrunde

Tour de Kärnten StartblockDie zweite Etappe der Tour de Kärnten hatte am Streckenplan noch zwei größere Erhebungen, eine musste aufgrund mangelnder Genehmigung noch vom Veranstalter zurechtgestutzt werden. So ging es um 9.00 Uhr auf die rund 105 km lange und mit etwa 1100 Hm versehene Etappe mit Ziel in der Alpenarena Villach. Bereits in der Neutralisation konnten sich in meinem Startblock B (dem ich aufgrund meiner Zeit beim Einzelzeitfahren zugeteilt wurde) viele nicht mit der StVO anfreunden und nutzten ohne lang zu zögern die Gegenspur, was leider zu einigen hektischen Situationen führte. Nach der Startfreigabe bei Wernberg blieb es ähnlich hektisch, da die kleineren Erhebungen das Feld nicht ordentlich zerreißen vermochten. In dieser Phase gab es leider auch die ersten Stürze inklusive einer Kollision eines Begleitmotorrades mit einem Teilnehmer direkt hinter mir – zum Glück blieb es bei einer Handverletzung! Am Rupertiberg, der beim Ironman Austria in Klagenfurt gefürchtet wird, zerteilte sich das Feld schließlich und ich fand mich in einer rund 80 Teilnehmer starken Gruppe wieder.
Über die Drau ging es weiter ins Rosental und dort nochmal hinauf nach Finkenstein, wo eine geschlossene Bahnschranke unsere flotte Fahrt kurz bremste. In diesem Abschnitt beteiligten sich leider nur wenige unserer Gruppe an der Tempoarbeit, und die vielen andere waren damit beschäftigt, die StVO zu ignorieren und den Gegenverkehr zum Anhalten oder fast schon in den Graben zu zwingen, damit es keine Unfälle gibt. Kurz vor dem Ziel wurde dann noch attackiert und etwa um Platz 80 gesprintet. Ich war einfach nur froh, den Tag mit 40 km/h Schnitt ab der Startfreigabe ohne Sturz überstanden zu haben. Vom Ziel rollten wir gemütlich knapp 20 km zurück zu unserer Unterkunft in Ossiach. Bei der abendlichen Tagessiegerehrung wurde eine Verwarnung für die gesamten Blöcke B und C ausgesprochen, um die Teilnehmer eindringlich an die Einhaltung der StVO, auch in der Neutralisation, zu erinnern. Für alle, die diese eingehalten haben, im ersten Moment ärgerlich, aus Veranstaltersicht jedoch die einzigmögliche und richtige Entscheidung. Ich hatte davor schon ernsthaft in Betracht gezogen bei den folgenden Etappen einfach später zu starten, und das Feld von hinten aufzurollen, um der Hektik zu entkommen.

Dach der Tour de Kärnten

Täglich die Startnummer befestigen

Am dritten Tag stand die längste Etappe mit 122 km und knapp 2000 Hm über das Dach der Tour, die Flattnitz, auf dem Programm. Die neutralisierte Startphase von Ossiach bis kurz hinter Feldkirchen war deutlich ruhiger als am Vortag, obwohl ich wieder direkt hinter dem Begleitfahrzeug für Block B fuhr. Nach der Startfreigabe ging es gleich bergauf auf den Wachsenberg und hinüber ins Gurktal. Eine harmonisch kreiselnde Gruppe brachte uns dieses rasch abwärts bis Straßburg. Der Anstieg zur Prekova zerriss dann die Gruppe förmlich, aber mit gleichmäßigem Tempo kurbelte ich nach oben. Die Abfahrt, über die sicher besser asphaltierte Seite ins Metnitztal, war ein Genuss, und unten dauerte es nicht lange, bis wieder eine Gruppe für die folgenden flacheren Kilometer gefunden war.
Kurz vor dem eigentlichen Anstieg zur Flattnitz, dem Dach der Tour de Kärnten 2018, hatte Carmen von NOM-Sportsfood eine Trinkflasche für mich – danke nochmal für das tolle Service! Die letzten steilen Kilometer waren eher ein Kampf als Rennrad fahren, aber irgendwie ging es doch recht zügig nach oben. Eine schnelle Abfahrt brachte uns zurück ins Gurktal und zuerst zu dritt, später zu viert kurbelten wir durch die enge Gurk dem Ziel in Feldkirchen entgegen. Über gesperrte Straßen wartete noch ein kurzer Kopfsteinpflasterabschnitt mitten auf den Hauptplatz auf uns. Nach der Zielverpflegung und einem Eis waren die Speicher wieder soweit gefüllt, dass wir die rund 10 km zurück nach Ossiach gemütlich in Angriff nehmen konnten.

Lokalrunde der Tour de Kärnten 2018

Tour de Kärnten 2018 Startblock

(c) Bernhard Felder

Der vierte Tag brachte am Anfang ein Spiegelbild vom Vortag: Angenehm in der Neutralsation durch Feldkirchen und dann mit Vollgas über den Wachsenberg ins Gurktal. Diesmal bogen wir früher ab und auch auf die andere Talseite in den Anstieg nach Pisweg. Gleichmäßig ging es nach oben und einigen war in der Abfahrt wohl nicht mehr bewusst, dass die Straße nicht gesperrt war, so wurden unübersichtliche Kurven einfach geschnitten – glücklicherweise gab es auch wirklich keinen Gegenverkehr in diesen Situationen! In einer kleineren Gruppe fuhren wir dann über schmalere Straßen dem längsten Anstieg des Tages zur Wegscheide entgegen. Dort suchte jeder sein Tempo und der einsetzende Regen sorgte für fast zu viel Abkühlung. Nach einer kurzen Passage auf Naturstraße hinüber nach Hoch Sankt Paul stand die nasse Abfahrt nach Sankt Urban am Programm – leider mit etwas zu viel Sand und Dreck, der sich auf den Bremsflanken gesammelt hatte. Die letzten Kilometer führten hinauf zum Gasthaus Buggl in Bach, gespickt mit rund 15% Steigung, die allen nochmal das letzte abverlangte.
Oben gab es wieder eine warme Mahlzeit direkt im Gasthaus, also rasch umziehen, Nahrung aufnehmen und runter ins Tal, wo der Regen aufhörte und wir zurück nach Ossiach rollten.

Bad Bleiberg

Tour de Kärnten Zielverpflegung

(c) Bernhard Felder

Als letzte „offene“ Etappe standen gut 90 km mit 1400 Hm nach Bad Bleiberg am Programm. Die Neutralisation endete am Beginn des Gegendtals, kurz vor der Ortschaft Treffen. Auf den folgenden 29 km schlug die Spitze ein hohes Tempo an, dem etwa 120 Teilnehmer zuerst 250 Hm hinauf zum Afritzer und Feldsee und dann hinunter zum Millstätter See folgen konnten. Mein Garmin zeigte 42,5 km/h Schnitt am Beginn des ersten Berg des Tages, des Glanz. Nach diesem Hindernis auf unserem Weg bildeten sich wieder kleinere Gruppe und nach der Abfahrt ins Drautal ging es sofort wieder hinauf nach Zlan mit kurzen 18%-Rampen. Vor dem abschließenden Anstieg nach Bad Bleiberg kreiselte unsere Gruppe rund 20 km durchs Drautal, um dann auseinanderzufallen, so dass viele einzeln oder zu zweit das Ziel erreichten.
Gestärkt durch eine Karotten-Ingwer-Suppe ging es per Rad etwa 30 km zu unserer Unterkunft, jedoch vorwiegend bergab und flach.

Bergzeitfahren auf den Dobratsch

Den Abschluss der Tour de Kärnten bildete das Bergzeitfahren auf den Dobratsch, das ich eher als Bergrennen bezeichnen würde, da in Blocks zu 20 Fahrern gestartet wurde. Alle drei Minuten wurde ein Block losgelassen – zusammengesetzt aus jeweils 20 hintereinander klassierten Fahrern im Gesamtklassement. Als letzter Block standen die Spitzenfahrer auf der Startliste. Zum Aufwärmen wählte ich wieder die Rolle, was bei kühlen Temperaturen und nach den Anstregungen der Vortage die Muskeln nochmal sehr gut auf Touren brachte. Für den 16 km langen Anstieg mit 1143 Hm und einige kurzen Zwischenabfahrten vertraute ich meinem Power2max bzw. der Anzeige am Garmin. Leider konnte ich die anfangs anvisierten 330 W als Schnitt nicht ganz erreichen, dennoch die meisten der mit mir gestarteten hinter mir lassen und nach etwa der Hälfte des Anstieges abschütteln. Nach fünf harten Renntagen als letzte Etappe nochmal unter einer Stunde zu bleiben war das Ziel und das habe ich gerade so noch erreicht. Dass diese Zeit nur für Platz 84 von 295 gerreicht hat, zeigt wie hoch das Niveau in diesen sechs Tagen war.
Am Abend folgte noch die Gesamtsiegerehrung inklusive großem Buffet – auch dort zeigten die Teilnehmer ähnlichen Einsatz wie im Rennen und die diversen Teller und Schalen wurden in Windeseile leergeräumt.

Fazit zur Tour de Kärnten 2018

Tour de Kärnten Zeit für Urlaub

Zeit für Urlaub

Insgesamt eine gut organisierte Veranstaltung mit vielen Helfer, die sich um die Absicherung der wichtigsten Kreuzungen kümmern. Einzig beim Zeitfahren ist die Wahl einer vielbefahrenen Bundesstraße durch einige Ortsgebiete ohne Straßensperrung meiner Meinung nach doch etwas gefährlich. Vielleicht wäre es einfacher das Zeitfahren kürzer und nur auf der Süduferstraße auszutragen, um vielleicht sogar die Strecke für einige Stunden sperren zu können. Die weiteren Strecken waren gut, auch wenn der Straßenbelag in Kärnten immer wieder zu wünschen übrig lässt. Bei den Anstiegen führte meist die Abfahrt über die besser asphaltierte Seite – gut ausgewählt also.
Gefahrenmomente im Feld waren fast immer auf andere Teilnehmer zurückzuführen, die an oder auch über ihrem Limit unterwegs waren, und die vermeidbar gewesen wären. Hier muss sich einfach jede(r) selbst daran erinnern, dass es für die meisten nichts zu gewinnen, sondern maximal die eigene Gesundheit zu verlieren gibt. Das Niveau war die ganze Tour de Kärnten über sehr hoch, denn auch einige deutsche C-Lizenzteams waren mit mehreren Fahrern am Start. Im jeweiligen Etappenziel wurden aber auch die langsameren Fahrer noch begeistert empfangen. Die Verpflegung im Ziel bot reichliche Abwechslung und gute Stärkung für die kommenden Tage.
Je nach eigener Stärke dauern die Etappen natürlich unterschiedlich lange, meist sollte man aber am frühen Nachmittag wieder zurück in der Unterkunft sein und hat so auch noch etwas Urlaub – eben kombiniert mit einem Rennen für Jedermann/-frau. Am einfachsten hängt man aber noch ein, zwei Tage an und fährt nicht gleich nach der letzten Etappe wieder nach Hause.

Ein Beitrag von:
Roland Wagner
Bergaffiner Österreicher, der gerne schnell Rad fährt, aber gerne einfach nur genießt - sowohl beim Radeln als auch beim Essen. Am liebsten in den hohen Bergen, aber mit wenig Verkehr. Daher oft auch in der Vor- und Nachsaison unterwegs. Sehr gerne aber auch im heimatlichen Mühlviertel.
6 Kommentare
  1. Michael Mohr sagte:

    Hi Roli,
    Hast Du schön beschrieben, die Tour. Ich fand auch, dass es sehr anspruchsvoll war und letztlich zweigeteilt in ein Amateurrennen und eine Jedermannangelegenheit. Aber ich fand es gut und finde die Veranstaltung ideal. Gleicher Startort und damit kein Hotelwechsel entspannt nach den schnellen Etappen.
    Immer wieder gerne!
    Übrigens Danke fürs mitnehmen auf den letzten km nach Bad Bleiberg.
    Grüße Michael

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    • Roli sagte:

      Hi Michael,
      gleicher Standort und kein Hotelwechsel entspannt ungemein, da hast du völlig recht.
      Bitte gerne, ging ja leicht. ;-)
      Grüße, Roli

      Antworten
  2. Peter sagte:

    Hallo Roli,

    sehr schöne Geschichte! Ich war auch Teilnehmer, konnte allerdings nicht die ganze Tour bestreiten. 2019 neuer Anlauf!
    Hab diese Seite auf der Suche nach einem Test der Lightweight-Laufräder gefunden und bereits gelesen. Ich freu mich auch auf die Leightweights, zumal ich vor einigen Tagen Campagnolos Bora, danach Mavics Cosmic Carbon Pro Exalith und am Schluss die Leightweights probegefahren bin. Danach war die Entscheidung eindeutig! :-)

    Liebe Grüße
    Peter

    Antworten
    • Roli sagte:

      Hallo Peter,
      schade, dass du nicht die ganze Tour bestreiten konntest. Hoffentlich nicht gesundheitlich bedingt?
      Schön, dass dir auch unsere Erfahrungen zu den Laufrädern gefallen. Warum haben sich die Lightweights dann gegen die Boras (die ich selbst fahre) durchgesetzt? Sind es Clincher oder Tubulars?
      Liebe Grüße,
      Roli

      Antworten
  3. Peter sagte:

    Hallo Roli,

    Zur Tour: es wäre ein gesundheitliches Thema geworden, wäre ich zur 3. Etappe angetreten. Ich hab einfach zu wenig trainiert und das Tempo unterschätzt.
    Und warum die Lightweights? Tja, mir gefallen die Boras nicht und die standen auch gar nicht zum Verkauf, die Lightweights waren gebraucht, aber generalüberholt und passen zusätzlich einfach optisch besser zum Rad. :-) Das Gewicht ist schon genial und der Sound im Wiegetritt bergauf einfach geil.
    Es sind Tubulars.

    Liebe Grüße, Peter

    Antworten
    • Roli sagte:

      Hallo Peter,
      das ist dann natürlich sehr vernünftig. Vielleicht wäre ja eine unserer Reisen was zur Vorbereitung?
      Gefallen müssen die Laufräder natürlich. Tubulars sind bei Carbonfelgen (wenn man nicht ein Leichtgewicht ist) aus meiner Sicht die richtige Wahl.
      Liebe Grüße, Roli

      Antworten

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