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Scheibenbremsen am Rennrad – Ein No-Go?

Scheibenbremsen am Rennrad?

Es gab und gibt viele Neuerungen am Rennrad, wo sich die Meinungen weit auseinander bewegen können.

Der Klassiker, „Shimano oder Campa?“, seit einigen Jahren die Frage „Darf etwas Elektrisches an ein Rennrad?“ und in letzter Zeit die Diskussionen um die Scheibenbremse am Rennrad.

Auch innerhalb von Cycling-Adventures gab es darum schon die obligatorischen Diskussionen welche sich meist um Optik, Notwendigkeit und Gewicht drehen. Hinzu kommt dann noch die Wartungsfreundlich- oder -unfreundlichkeit.

Zugegeben vor gut zwei Jahren gehörte ich noch zu den Kritikern die fragten: „Warum soll ich mir eine schwere, klobige Scheibenbremse ans Rennrad bauen wenn meine Felgenbremse gut genug bremst?“ Als dann für den Winter und unsere Schottlandreise ein neuer Crosser fällig war, war klar, der soll Scheibenbremsen haben, alleine schon wegen dem Gepäckgewicht. Nach ca. 800 Winter Kilometern damit, zweifelte ich zunehmend an meiner Einstellung zur Scheibenbremse auch für das Rennrad. Warum? Sie bremst einfach gut… die maximale Bremskraft ist höher, vor allem aber ist die Dosierbarkeit deutlich besser und die Handkräfte drastisch niedriger.

Das Rose Xenon CDX-3100

Rose Xeon CDX 3100 Disc Rennrad mit Scheibenbremsen

Da sowieso ein neues Rennrad für 2015 geplant war, wurde es dann das Rose Xeon CDX-3100 mit Shimano Ultegra DI2 Ausstattung und Scheibenbremsen. Ich wollte daran einen hochwertigen Laufradsatz und da Rose für meinen Geschmack nichts entsprechendes hatte (Die DT Swiss Spline RC 28 C DB Disc sind zwar bestimmt nicht schlecht. Mit 21mm Breite mir jedoch zu schmal.) orderte ich die günstigsten Laufräder zum Rad, welche nun als Winterräder für die Spikes ihren Dienst am Crosser tun.

Nach gut 6000 km mit den Scheibenbremsen bin ich weiter begeistert davon. Optisch habe ich mich nicht nur dran gewöhnt. Irgendwie gefallen mir die Scheiben auch, da gleichzeitig die nicht vorhandenen Felgenbremsen diesen Teil des Rades aus meiner Sicht aufgeräumter erscheinen lassen. Auch das vergleichsweise günstige Rose würde ich sofort wieder kaufen. Der Rahmen ist steif und komfortabel, es fährt sich sportlich, ausreichend wendig und sehr stabil. Die am Rad neben den Laufrädern erneuerten Anbauteile, Sattelstütze, Vorbau und Lenker, alles von ENVE, werde ich in einem anderen Blogbeitrag vorstellen.

Ein paar Hürden bei der Nabenwahl

Das einzige Manko des Rose ist für mich die dort gewählte 10 mm Steckachse am Hinterbau. Warum musste Rose da ein so untypisches Mass nehmen? Es gibt kaum Laufräder die eine entsprechende Nabe mitbringen. Der aktuell einzige Hersteller, der diese Dimension im Angebot hat ist DT Swiss in Form eines Umrüst-Kit. Aber auch dieses passt nicht am Rose, da dann 1mm fehlt. Wer sich dennoch wie ich einen Laufradsatz für das Rose Xeon CDX bauen lassen möchte hat folgende Möglichkeit: Eine DT Swiss 240 Nabe und bei Rose die passenden Achsanschläge (Wichtig: Antriebseite: 135 mm x 10 mm). Diese sind speziell für Rose hergestellt, befinden sich nicht offiziell im Shop, wurden mir aber sofort für EUR 35.- zugesendet. (Das war meine Bestellung: Best. Nr. 2103976  DT Swiss Endanschlag R24 Spline disc brake  Endanschlag HR rechts135x10 TB und Best. Nr. 2103985  DT Swiss Endanschlag R24 Spline disc brake Endanschlag HR links 135×10 TB)

Vor- und Nachteile der Scheibenbremsen

Ich fahre DI2, bin auf keine Marke bei Schaltungen festgelegt; Kurz gesagt ich bin kein Nostalgiker für den allein aus emotionalen Gründen eine Scheibenbremse und anderer Neukram „gar nicht geht“. Ich mag Technik, schraube gerne an meinen Rädern und probiere gerne Neues aus.

Da ich am Crosser SRAM Scheibenbremsen und am Rennrad Shimano Scheibenbremsen fahre, kann ich diese sogar subjektiv vergleichen. Hier gewinnen für mich die Shimano Bremsen. Sie gefallen mir besser, quietschen mit den  Resin Bremsbelägen ausschliesslich bei starker Nässe (Und auch da nur kurz bis sie trocken gebremst sind) und sind sehr gut dosierbar. Die Bremskraft ist extrem. Hier höre ich oft, dass man davon nichts habe, da nicht die Bremse die Bremskraft begrenze sondern die Reifenhaftung. Bei Nässe ist das vielleicht so. Bei Trockenheit glaube ich dies nicht. Zuletzt beim Saisonausklang in Ligurien, als mich ein gestürzter Motorradfahrer zu einer Notbremsung zwang, hat mich ein gut dosierter „Nose Wheelie“ vor einem Crash bewahrt. Ich bin skeptisch, dass ich dies mit dem anderen Rad mit Felgenbremse hätte vermeiden können.

Hinzu kommen die Vorteile bei nassem- oder kaltem Wetter. Selbst im Sommer sehe ich die Kollegen bei langen Abfahrten stets die schmerzenden, ermüdenden Hände ausschütteln. Bei kalten, nassen, langen Abfahrten spielt die Scheibe hier erst recht die Vorteile aus. Ebenso bei Carbonfelgen. Ich selber habe schon ein Vorderrad zerbremst. Zugegeben es waren ungünstige Bedingungen; Heiss, sehr steil und dreckig. Quasi Dauerbremsen war unumgänglich aber letztlich tödlich für das Laufrad (Xentis Squad 4.2, die aber sowieso im Vergleich mit anderen Carbonfelgen bei mir weit hinten liegen.). Um fair zu bleiben muss ich aber auch sagen, dass ich mit den Nacholgern, Zipp 303 bisher Null Probleme hatte und deren Bremsleistung auch bei Nässe subjektiv besser ist als bei vielen Alu Felgen die ich gefahren bin.

Was sind Nachteile?

Die Wartung? Ja. Die ist schon etwas aufwändiger. Vor allem, wer nicht unbedingt ein Schrauber ist, wird sicher vom Entlüften der Bremsen die Finger lassen (Auch hier hat für mich die Shimano klar die Nase vorne. Das Entlüften geht deutlich einfacher.). Das Wechseln der Bremsbeläge ist wiederum ähnlich einfach wie bei Felgenbremsen.

Das gefürchtete Bremsenquitschen und auch das -schleifen sind sehr von der Kombination Scheibe zu Belag abhängig. Nach meiner Erfahrung haben Metallbeläge die höchste Bremswirkung, neigen aber am stärksten zum Quitschen. Im Trockenen quasi nie. Bei Feuchtigkeit quitschen bei beiden Systemen (SRAM oder Shiman) bei mir aber die Metallbeläge. Bei den Shimano Resin Belägen ist dies defakto nicht mehr vorhanden. Hier kommt das Quitschen nur bei richtiger Nässe vor. Nach kurzer Bremszeit, z.B. auf einer Abfahrt ist dies jedoch wieder vollständig verschwunden. Vorbeugen kann man dem sogar noch, dass man vor der ersten richtigen Bremsung bei Nässe die Bremse eine zeitlang leicht schleifen lässt. Dann ist sie beim Bremsen schon fast trocken.

Der andere Punkt, das Bremsenschleifen ist bei guter Einstellung nicht mehr vorhanden als bei einer Felgenbremse. Auch dort schleift, je nach Laufradsteifigkeit, vor allem das Hinterrad gerne mal an den Belägen. Von den Scheiben kenne ich das eher nicht. Hier kommt es ab und zu nach dem Bremsen zu ganz kurzem Schleifen, wenn sich die Bremskolbe, warum auch immer, nicht komplett zurückgezogen haben. Das ist aber auch nur Sekundensache, bis es von selber wieder aufhört. Für mich liegt hier ein Patt zwischen Scheiben- und Felgenbremse vor. Sind sie gut eingestellt, hat man mit beidem keine Probleme.

Dazu kommt als Nachteil natürlich auch noch das Mehrgewicht. Dies relativiert sich allerdings ein wenig, wenn man einen Laufradsatz nimmt, bei dem die Materialdicke der nicht benötigten Bremsflanken entsprechend reduziert wurde. Letztlich bleiben so sicher deutlich weniger als 500g Mehrgewicht über. Aber um diese Gramm ist das Rad halt schwerer.

Ein weiterer Nachteil, welcher natürlich der subjektivste aller Vor- und Nachteile ist, ist die Optik. Das muss jeder für sich entscheiden.

Fazit

Für mich bleibt als persönliches und klar subjektives Fazit, dass Scheibenbremsen am Rennrad definitiv kein No-Go sind sondern ihre Berechtigung haben. Sie sind aber auch definitiv kein MUSS, da gute Felgenbremsen völlig ausreichen um sicher Rennradfahren zu können. Scheibenbremsen bieten lediglich ein Mehrwert an Bremsleistung und -komfort, den man sich mit einigen Gramm Gewicht erkauft. Gerade im Gebirge oder auf Regenfahrten spielen sie ihre Vorteile aus. Für Nostalgiker wird allerdings allein die veränderte Rennradoptik schon ein Ausschlussgrund sein. Ich kann es aus ihrer Sicht verstehen, auch wenn mir genau diese Optik zunehmend gefällt.

Ein Beitrag von:
Lutz Goldbecker
Schweizer Deutscher der auch sehr gerne in Italien oder Frankreich Rennrad fährt.
6 Kommentare
  1. Christopher sagte:

    Hallo Lutz,

    ich habe das selbe Rad (Modell) von Rose wie du, nur heuer gekauft. Ich möchte mir jetzt auch neue Laufräder holen, aber nicht selber bauen lassen wie du. Am liebsten wäre mir ein fertiger Satz. Hab jetzt schon einige Zeit den Markt durchgestöbert aber so richtig schlau bin ich nicht geworden wie sich das mit der 10mm Steckachse realisieren lässt, weil ja eigentlich alle Laufräder hinten eine 12mm Nabe haben, zumindest hab ich nur solche gefunden.
    Könntest du mir da eventuell weiter helfen wie ich da vorgehen muss wenn ich einen fertigen Laufradsatz kaufen möchte?
    By the way, vlt kannst mir auch sagen welche Teile du für deine Power2Max Umrüstung benötigt hast. Ein Powermeter fehlt mir auch noch ;)

    Achja, und sehr informativer Artikel vor allem für diejenigen die sich auch überlegen ein Disc Rennrad anzuschaffen :)

    Danke im Voraus!

    Antworten
    • Lutz sagte:

      Hallo Christopher

      Ob es inzwischen neben DT Swiss noch andere Naben Hersteller mit der 10mm Steckachse gibt weiss ich nicht.
      Da aber viele Laufradsätze DT Swiss Naben haben, sollte damit eine Umrüstung möglich sein.
      Schreib an ROSE und bitte sie, Dir für die Hinterradnabe die Endanschläge zuzusenden. Die Bestellnummer findest Du ja oben im Text.
      Bei den DT Swiss Naben kannst Du diese dann recht einfach austauschen und das Laufrad sollte passen.

      Meine Erfahrung ist aber, dass vom Laufradbauer gefertigte Laufräder in identischer Ausführung meist sogar billiger sind. Dazu sind sie passend auf Dein Gewicht eingespeicht und definitiv vom Fachmann geprüft. Da kann ich Lightwolf empfehlen. Gerade bei solch ausgefallenen LRS mit der unüblichen 10mm Achse hast Du einen kompetenten Ansprechpartner.

      Zum Powermeter. Da muss man eigentlich nichts gross umrüsten. Entweder die komplette Kurbel tauschen (Drauf achten, die richtige Innenlagerausführung zu kaufen sonst musst Du auch das Innenlager wechseln.) oder, was ich aktuell eher kaufen würde. Einfach ein gutes Pedal Powermeter nehmen. Die neuen Favero Assioma (https://blog.cycling-adventures.org/favero-assioma-test-powermeter-pedale/) finde ich persönlich ziemlich gut. Vorteil, Du kannst sie leicht wechseln, z.B. für Leihrad.

      Viel Spass beim LRS- und Powermeterkauf.
      Lieber Gruss
      Lutz

      Antworten
      • Christopher sagte:

        Danke für deine rasche Antwort.
        Hab heute mit Rose telefoniert und eine etwas seltsame Antwort erhalten. Nach der Frage wenn ich mir ein neues Laufrad kaufen möchte was ich beachten muss, antwortete mir der technische Mitarbeiter, dass ich nur drauf achten muss, dass die Nabe 10x135mm haben muss. Da es aber sehr wenige Laufräder gibt die standardmäßig eine solche Nabe aufweisen meinte er, dass ich auch ein Laufrad mit 12x142mm kaufen kann und dann mittels Umbaukit auf 10×135 umbauen kann. Auf die Frage bezüglich den Endanschlägen meinte er nur wieso ich sowas brauchen sollte. Vollkommener Quatsch dass man sowas brauchen sollte. Irgendwie bin ich jetzt etwas verwirrt weil du ja welche gebraucht hast?!

        Bezüglich die Pedal Powermeter…..die Favero Assioma hab ich mir auch schon angesehen. Da werde ich noch etwas abwarten bis die ersten „Langzeit“ Test erscheinen und wenn die positiv sind werde ich zuschlagen ;)

        LG
        Christopher

        Antworten
        • Lutz sagte:

          Das von ihm genannte Umrüstkit sind die von mir benannten Endanschläge. Das Umrüstkit enthält diese zwei Metall-Teile die Du oben im Bild siehst. Wichtig ist, dass sie die dort angegebene Länge haben.

          Als ich die damals benötigt habe gab es die original von DT Swiss nur für 10-fach Kassetten. Die waren 1mm schmaler, so dass damals DT Swiss wohl extra für Rose welche geliefert hat die es anderswo nicht gab. Ob das heute anders ist weiss ich nicht.

          Du brauchst auf jeden Fall DT Swiss Umrüstkit 10×135 für 11-fach. Du kannst natürlich auch die von Deinen aktuellen Laufrädern nutzen. Das sind ja voraussichtlich auch DT Swiss Naben. Oder?

          Gruss, Lutz

          P.S.:
          Das war damals die Antwort von Rose auf meine Anfrage:

          Hallo Lutz,
          vielen Dank für die Anfrage.
          Die 135×10 mm Achsanschläge sind in dem Fall speziell, da die Freiläufe für 11-fach ausgelegt sind.
          Lose Anschläge haben wir im Sortiment, liegen jeweils bei € 17.90 pro Seite.

          Mit freundlichen Grüßen / Best regards

          Michael Föcking
          technischer Kundenservice / Technical Customer Service

          ROSE Bikes GmbH | Schersweide 4 | 46395 Bocholt | Germany

          Antworten
  2. Christopher sagte:

    Ok jetzt wird mir einiges klar. Da haben wir in etwas unterschiedliche Richtungen gesprochen der Mitarbeiter von Rose und ich. Du hast also eine DT Swiss 240s Nabe mit 12x142mm gekauft und mittels Umrüstkit auf 10x135mm umgerüstet.
    Da gibt es bereits 2 Versionen bei Rose, je nachdem welche Einspeichung man hat. Haben sie also schon im normalen Shop erhältlich:
    https://www.rosebikes.de/artikel/dt-swiss-180240350-10x135mm-tb-classic-road-umbausatz/aid:2670516

    https://www.rosebikes.de/artikel/dt-swiss-2403503-klinken-10x135mm-tb-road-umbausatz/aid:2670509

    So ist es, könnte auch von meinem aktuellen Laufradsatz die Endschläge verwenden. Hab ein DT Swiss Laufradsatz drinnen.
    Jetzt steht dem neuen Laufradsatz eigentlich nichts mehr im Wege ;)

    Eine Frage noch, kann es sein dass du vorne ein Laufrad mit 38mm Höhe und hinten mit 50mm Höhe verbaut hast? Bin nämlich am überlegen mir solch eine Kombi eventuell zu kaufen.

    LG
    Christopher

    Antworten

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