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Schottland Radreise mit Gepäck

Die Idee zur Schottland Radreise

Schottland Radreise? Kurz vor der Abreise fragten wir uns noch… „War das wirklich eine gute Idee?“

schottland_rad_reise_tourenrad_cycling_adventures_westkueste_schafe_meerGut. Die Idee zur Schottland Radreise entstand daraus, dass wir, Alex und ich, in den letzten Jahren im Zweijahresrhythmus einen Urlaub mit dem Tourenrad und Gepäck unternommen haben. Im August 2015 war es wieder soweit. Alex wollte schon immer mal auf die „Insel“ und angeblich war ich es, der dann irgendwann Mitte 2014 vorschlug als Ziel doch Schottland zu nehmen. Wo wir da hin fahren, was uns erwartet… keine Ahnung. Internet und Kartenrecherche ergaben schnell, dass uns einige Spezialitäten erwarten, welche auf den früheren Reisen, entlang des Rheins, vom Jura ans Mittelmeer oder Passau – Budapest nicht vorhanden waren. Zum einen üppige Steigungen, schlimmer aber launisches Wetter, statistisch täglich mehrfach Regen und im August vor allem in den Highlands blutrünstige Mücken ohne Ende. Aber… gesagt ist gesagt und so wurde an der Planung der Schottland Radreise festgehalten.

Den zu erwartenden Steigungen geschuldet schenkte mir Alex zu Weihnachten einen Einspuranhänger von Topeak (Tokeak Journey Trailer und DryBag), mit dem ich mein und ihr Gepäck ziehen sollte… ich bin immer noch nicht sicher, wer mehr vom Geschenk profitiert hat. Aber egal.

Der Versuch eine Zugverbindung aus der Schweiz nach Edinburgh zu buchen scheiterte. Auch ein Reisebüro konnte uns nicht helfen. Es buchte dann Flüge für uns, da ich mit 2 Fahrrädern und dem Anhänger die Buchungsgeschichten mit den Airlines den Profis abgeben wollte. Welch naiver Gedanke! Ich erspare hier Details… hätte es aber genau so gut, wenn nicht besser, selber machen können.

Schottland per Fahrrad

Anfang August war es dann soweit. Gut bepackt brachte uns ein Freund nach Zürich wo das Einchecken mit den Fahrrädern und dem Anhänger einfacher verlief als gedacht. Kurzer Flug und auch am Flughafen Edinburgh konnten wir nach kurzer Zeit die unversehrten Räder und Gepäckstücke wieder in Empfang nehmen. Ein voluminöses Taxi war auch bald gefunden und nach dem Einchecken im Hotel Brooks konnten wir die ersten Stunden in Edinburgh verbringen.

schottland_rad_reise_tourenrad_cycling_adventures_westkueste_meer passNeben ausgiebiger Besichtigung der hübschen Altstadt war am Folgetag meine Aufgabe mein Fahrrad, das von Alex und den Hänger für die Reise fertig zu machen. Auch hier lief alles glatt. Selbst der Einstellung der Schaltwerke hatte der Flug nicht geschadet. So konnte unsere Schottland Radreise dann am nächsten Tag starten.

Bis Inverness hatte ich Unterkünfte vorgebucht, so dass wir mit anfänglich kurzen Etappen nach und nach in Richtung östlicher Highlands fuhren. In Alex Gepäcktaschen am Fahrrad hatten wir die Regenkleidung, von der wir annahmen, sie oft zu benötigen. Ich nehme es vorweg… wir haben sie genau 1x für exakt 10 Minuten angezogen!! Ansonsten zwar oft bedrohliche Wolkentürme aber kein Niederschlag während des Radfahrens in 2 ½ Wochen. Auch die Mücken hatten sich wohl für 2015 eine Auszeit genommen. Wir kamen mit 0 Stichen und ohne jegliche, nächtliche Mückenjagd zurück nach Edinburgh. Das würden wir jederzeit wieder so buchen.

schottland_rad_reise_tourenrad_cycling_adventures_radfahrer_landschaftDie erste Herausforderung für mich mit dem insgesamt ca. 30kg schweren Anhänger hinter dem Rad kam erst am dritten Tag am Cairnwell Pass. Mit einem längeren Stück über 10% würde sich zeigen, wie sich das so fährt. Schnell war klar, dass mein Ansinnen, einfach an Alex Hinterrad zu bleiben, unmöglich war. Es wurde zunehmend steiler, sie schaltete Ritzel für Ritzel hoch und hatte noch einige Schaltreserven als ich bereits mit meiner Kompaktkurbel trotz 34/32 am Anschlag war. Als die Trittfrequenz zu tief wurde musste ich vorbei und es war klar, dass wir die Anstiege wohl nicht gemeinsam fahren werden. Die maximal 12% waren noch ganz gut fahrbar, vor allem auch, da die Anhänger-Fahrrad Kombination nach einigem dran gewöhnen sehr gut im Wiegetritt gefahren werden kann. Insgesamt hat sich der Einspur-Anhänger super bewährt und lässt sich am Fahrrad prima fahren.

Die Highlands konnten uns zunächst nicht völlig überwältigen, was aber wohl auch stark an der Bewölkung lag. Als später die Sonne mehr und mehr durch kam, bot sich mit den nun leuchtenden Farben der Heide, der Gräser, den Schafen und der Weite ein eindrückliches Bild.

schottland_rad_reise_tourenrad_cycling_adventures_ostkueste_donnoch_weite_himmel_meerVor Inverness erlebten wir unsere ersten Highland Games auf der Schottland Radreise. Ein eindrückliches Volksfest mit schottischen Wettkämpfen wie Steinstossen oder Hammerwerfen und vor allem dem Tauziehen. Stets begleitet von Dudelsack Spielern und den Highland-Tänzen, dargeboten von Tänzerinnen und Tänzern in den Kilts der einzelnen Clans, in Anwesenheit ihrer Clanchefs. Das für die Kinder ausgetragene Eierlaufen oder Sackhüpfen kannte ich bisher eher von Geburtstagen als von Sportveranstaltungen, gehörte aber auch zu den Highlights in mehreren Altersklassen.

In Inverness machten wir unseren ersten Ruhetag, welcher perfekt lag. Der erste Regen kam am Nachmittag und wir verbrachten diesen auf der vergeblichen Suche nach Nessi auf einem Schiff auf dem Loch Ness. Sonne, Wolken und Regen im permanenten Wechsel, vorbei an erhaltenen Schlössern und Ruinen verfallener Burgen… so hatten wir uns Schottland vorgestellt. Mit dem See und der Sage war es eine perfekte Kulisse. Da wir heute nicht auf’s Fahrrad mussten störte uns der Regen kaum.

schottland_rad_reise_tourenrad_cycling_adventures_westkueste_meerDa wir bis hierhin die Unterkünfte vorgeplant hatten stellte sich nun erstmals die Frage „Wie weiter?“ Der Osten, Norden und Westen stand uns offen. Lediglich die zur Verfügung stehenden Tage waren begrenzt. Wir entschieden uns ein zwei Mal vor und während der Tour um und landeten letztlich in Donnoch, was unrühmlich für sich verbuchen kann, dass dort die letzte Hexenverbrennung in Schottland statt fand. Erstmals kamen wir richtig ans Meer und ein weiter Strand lud zum Abendspaziergang ein. Die im Reiseführer versprochenen Seehunde suchten wir hier noch vergeblich, fanden sie dann aber tatsächlich bei der Weiterfahrt am nächsten Tag.
Ein Nachteil für den Radfahrer bei einer Schottland Radreise ist, dass es nur spärlich Strassen gibt. Diese sind zwar selten stark befahren aber völlig ruhig sind viele auch nicht. So entwickelten wir mit der Zeit ein wenig Gefühl dafür, die wenigen Strassen gut auf Fahrrad Tauglichkeit einzuschätzen. Hieraus entstand auch der Entschluss, den Nordosten auszulassen und nach Nordwesten zu queren. Von Lairg zieht sich eine kleine Single-Track-Road über 60 km fast flach entlang des Loch Shin bis an die Küste. So erreichten wir über Laufort Bridge den kleinen Ort Scourie More. Mangels B&B, was bisher eigentlich problemlos zu finden war, übernachteten wir im Hotel des Ortes.

schottland_rad_reise_tourenrad_cycling_adventures_schlossBereits die ersten Eindrücke entlang der West-Küste hatten uns gefallen, waren wir doch plötzlich in einer anderen, neuen Landschaft. Ein stetes Auf und Ab. Traumhafte Ausblicke auf die schroffen Buchten, welche erahnen liessen, dass das Meer nicht weit ist, jedoch noch nicht in Sicht. Die Fahrrad Tour nach Lochinver wurde für uns zum Highlight des Urlaubs. Zunächst noch auf der Hauptstrasse, bogen wir bald erneut auf eine einspurige Strasse ab und hatten einen langen, anstrengenden aber landschaftlich eindrucksvollen Tag. Es ging permanent 100 – 200 hm hoch und wieder runter. Ein 25% Schild folgte dem nächsten… zum Glück war die Angabe jedoch durchweg etwas übertrieben, mit oft um oder knapp über 20%, kostet mir dies mit dem Fahrrad Anhänger auf die Dauer doch einige Körner. Auch Alex war froh als wir die letzten Anstiege hinter uns hatten und nur noch hinunter ans Meer rollen mussten.

schottland_rad_reise_tourenrad_cycling_adventures_radfahrer_landschaft_weite_wolkenVon Lochinver nahmen wir dann den Bus, welcher 1x pro Tag zwischen Inverness und Durness pendelt und welcher für wenig Geld auch Fahrräder auf einem spezellen Radanhänger transportiert. Ein wenig ärgerten wir uns hier, dass wir nicht zügiger hoch gen Norden gefahren waren und ein oder zwei Etappen mehr in dieser traumhaften Gegend gefahren sind.
Nach einer weiteren Nacht in Inverness folgten wir dem Loch Ness und später dem Loch Lochy nach Fort Williams. Um auch hier den Hauptstrassen zu entgehen folgte ein Bahntransfer nach Rannoch, dem Bahnhof welcher direkt am Ranch Moor als Sackgasse endet. Entsprechend wenig Verkehr erwartete uns und bei Traumwetter fuhren wir in den Folgetagen über verschiedene ebenfalls ruhige, hübsche Etappen zurück nach Edinburgh.

Hier blieben wir noch zwei Nächte und genossen das Edinburgh Festival Fringe, welches jährlich Tausende Menschen aus aller Welt anzieht.

Nach gut 2 ½ Wochen flogen wir dann ebenso problemlos wie auf dem Hinweg zurück in die Schweiz. Auch diesmal war es kein Problem, beide Fahrräder, den Radanhänger und die Gepäcktasche ein- und wieder aus zu checken.

Fazit

schottland_rad_reise_tourenrad_cycling_adventures_westkueste_buchtenWas bleibt? Schottland ist landschaftlich eindrücklich und wir würden bei einer Wiederholung sicher sofort mit den Fahrrädern in den Westen aufbrechen. Dazu die kleineren und grösseren Inseln an der Westküste, für welche wir definitiv keine Zeit hatten. Eine Schottland Radreise ist insgesamt daher absolut empfehlenswert.

Es ist sicher auch gut möglich eine sehr ähnliche Runde mit dem Rennrad zu fahren. Da sehr viele der nicht asphaltierten Strasse sowieso recht unwegsam sind, waren wir auch mit den Tourenrädern primär auf Asphalt unterwegs. Daher… wer weiss… Eventuell ist Schottland ja in kommenden Jahren auch mal ein Ziel für eine Cycling-Adventures Rennradreise?

Ein Beitrag von:
Lutz Goldbecker
Schweizer Deutscher der auch sehr gerne in Italien oder Frankreich Rennrad fährt.
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