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GoPro Karma Drohne für Rennradaufnahmen

Update vom 08.01.2017: GoPro stellt die Produktion und Weiterentwicklung der Karma Drohne ein, siehe dazu heise online.

Ich erinnere mich nicht mehr, wann sich bei mir die Idee im Kopf festgesetzt hat, eine Drohne zu kaufen. Sicher war aber die Hauptmotivation, damit Aufnahmen von Rennrad-Auf- und Abfahrten zu machen. Ich denke, gerade wenn man im bergigen Gebiet unterwegs ist, kann sich kein Rennradfahrer der Faszination solcher Luftbilder entziehen. Vor allem, wenn man sich gelegentlich auch mal ein Profirennen am Fernsehen anschaut, kennt man die – insbesondere bei der Tour de France – hervorragend produzierten Bewegtbilder, die unglaublich Lust aufs Radfahren machen. So war denn eine Legitimation für die Drohne auch ziemlich schnell gefunden. Als Anbieter von Rennradreisen darf man diese faszinierende Technologie nicht ignorieren.

Der Kauf

Was ich gar nicht mag, ist irgendwelche Preis- und Datenblattvergleiche im Internet anstellen. Das langweilt mich einfach dermassen, dass ich am Ende nichts kaufe (oftmals gar keine schlechte Wahl…). Durch meine beruflich bedingte tägliche Lektüre der IT-Newsticker, wurde ich auf die Drohne von GoPro aufmerksam. Diese machte gerade ziemlich schlechte Presse, weil die erste Charge zurückgerufen werden musste. Offenbar gab es Probleme mit dem Akku, irgendein Wackelkontakt der naheliegenderweise zu einem abrupten Unterbruch des Flugspasses führte. Aber so wurde mir bewusst, dass von GoPro etwas zu erwarten war.
Da ich um die Qualität der GoPro Videokameras wusste und GoPro genau den Markt adressiert, in welchem ich die Drohne nutzen wollte, war die Entscheidung eigentlich schon gefallen. Zumal das Werbevideo noch ein interessantes Feature in Aussicht stellte: Im Paket würde ein Gimbal (ein Stab, auf den sich der mechanische Stabilisator und die Kamera andocken lässt) enthalten sein, mit dem man bei seinen Outdooraktivitäten Actionvideos drehen kann. Interessant.
Also abgewartet, bis die IT-News berichteten, dass die GoPro Drohne die Akkuprobleme im Griff hat und zugeschlagen für 1500 Schweizer Franken, dazu eine passende SD Karte mit genug Datendurchsatz. Inklusive Mehrwertsteuer also ca. 1350 Euro. Das ist nicht wenig für ein Spielzeug. Aber immerhin ist im Lieferumfang eine GoPro Hero5 enthalten, die alleine auch schon einen guten Teil des Kaufpreises ausmacht.

Drohnen-Unboxing

Wie gesagt, man blättert etwas hin. In Electronic-Gadget-Währung gesprochen, entspricht die Drohne also etwa einem Iphone X 256GB. Im Vergleich zum Iphone kriegt man dafür aber ordentlich Hardware: der Rucksack, in dem die Drohe mitsamt Zubehör liegt, sieht robust aus und trägt sich ganz bequem. Typisch GoPro und mit ein Grund, weshalb meine Wahl zum Vornherein auf GoPro fiel: die Sachen sind einfach für Outdooraktivitäten ausgelegt.
Im Rucksack liegt die zusammengefaltete Drohne, ein Controller mit grossem und hellem Display, mit welchem sich die Drohne über zwei Joysticks steuern lässt. Zudem hat der Controller ein Drehrad, mit dem sich der Neigungswinkel der Kamera einstellen lässt und ein Knopf, um die Aufnahme zu starten und zu stoppen.
Weiter liegt der Gimbal im Koffer, ein Ladegerät mit einem Kabelbaum für Controller, Kamera und Akku. Plus ein Beutel mit Haltevorrichtungen für die GoPro Kamera. Und natürlich eine Packung Propeller, denn diese müssen immer angeschraubt werden, um zu fliegen, respektive abgenommen werden, um die Drohne im Koffer zu verpacken. Das ist etwas nervig, aber leuchtet auch ein, denn so kann die Drohne sicher transportiert werden. Alles ist gut ausgepolstert, so dass man mit dem Koffer nicht zimperlich umgehen muss.

Durchstarten!

Eins ist klar: Das ganze Drumherum interessiert Null. Wenn man dieses Ding da liegen sieht, will man so schnell wie möglich abheben. Also den Akku aufladen und durchstarten. (Dieser lässt sich übrigens mit einem Handgriff aus der Drohne ziehen, so dass man mehrere Akkus nutzen kann, der Tausch braucht keine 10 Sekunden.) Während der Akku der Drohne auflädt (das geht recht schnell, der Trafo leistet ordentlich) kann man auf dem Controller eine Flugsimulation machen und ein paar Übungen absolvieren, um sich so mit der Funktionsweise der paar Knöpfe und der zwei Joysticks vertraut zu machen. Können wir doch, schliesslich haben wir am Commodore64 Summer Games gespielt bis die Sehnenscheiden gebrannt haben. Bis der Akku voll ist, war es bei mir leider schon stockdunkel. Aber egal. Schliesslich wohne ich auf dem Land.

Also Akku einsetzen, Propeller anschrauben – alle Achtung, das ist ein stattliches Gewicht. Mit Kamera (ohne Kamera kann die Karma nicht fliegen, denn die überträgt ja das Bild an den Controller) sind es über 2 Kilo. Daher fällt die Karma auch unter die ab 1. Oktober in Kraft getretene Drohnen-Verordnung, wonach ein Kenntnisnachweis für die Nutzung der Drohne im öffentlichen Raum benötigt wird. Auch wenn wir diesbezüglich (Stand Anfang Oktober 2017) in der Schweiz noch nicht so weit sind, werde ich versuchen, in einem Folgebeitrag über diesen Nachweis zu berichten.
Angesichts des Gewichts denkt man sich erst einmal, dass schon recht viel Power geleistet werden muss, um das Ding in die Luft zu kriegen. Raus in die Nacht und Power ON. Sowohl Drohne als auch Controller müssen zuerst sauberen GPS-Empfang haben und die Drohne will noch, dass ich mit ihr ein paar Turnübungen (Drehungen und so) absolviere, um ihren Kompass zu justieren. Geht alles ganz einfach und ich will jetzt endlich fliegen…
Im Gegensatz zu anderen Drohnen wie der DJI kann man die Karma nicht aus der Hand starten und landen lassen. Sie muss sicher auf dem Boden stehen. Nun kann man die Drohne auf Knopfdruck flugbereit machen, alles von einer netten Frauenstimme aus dem Controller schrittweise erklärt. Eine Startautomatik bringt die Karma etwa 50 Zentimeter über Boden und nun fliegt sie also! Und macht einen Heidenlärm und mächtig Wind um ihr stattliches Eigengewicht in der Luft zu halten. Das ist ziemlich eindrücklich – und macht irgendwie auch etwas Angst. Diese Propeller will man nicht am Kopf haben! Die Drohne hat grüne und rote Positionslichter und wie sie da so durch die Nacht fliegt, doch erstaunlich einfach zu steuern, da wird einem Trekkie wie mir ganz warm ums Herz! An brauchbare Aufnahmen ist nicht nur wegen dem fehlenden Tageslicht nicht zu denken, zu Beginn ist man einfach mal gut in Anspruch genommen mit der Fliegerei. Irgendwie kommt die Drohne wieder heil auf den Boden, sie hat eine Landeautomatik, welche aber ein recht ruppiges Grounding an den Tag legt. Soviel vorneweg: Ich ziehe es vor, die Landung per Joystick etwas weniger rustikal zu bewerkstelligen. Obwohl ich gelesen habe, dass die Landeautomatik bei einem Softwareupdate verbessert worden sein soll. Das war also der erste Flug und das gleich in der Nacht. Ich bin zuversichtlich, dass das ein Kinderspiel wird.

Erste Aufnahmen und Flugmanöver

Natürlich wird der Akku sofort wieder geladen, am nächsten Tag ist Flugstunde angesagt. Zum Thema Akku: dieser hält 20 Minuten unter idealen Bedingungen, welche eigentlich nie vorkommen. Die Karma ist recht schnell (Maximalspeed etwas über 50km/h) und leistungsfähig. Wenn man sie Vollgas hochzieht, ist sie rasch nur noch ein kleiner, kaum hörbarer Punkt am Himmel. Das ist faszinierend und bietet völlig ungewohnte Perspektiven, saugt aber auch ordentlich am Akku. Neigt sich dieser dem Ende zu und zeigt keine Absichten, eine Landung in Betracht zu ziehen, kehrt die Drohne selbstständig zum Startort zurück und macht eine automatische Landung. Hier schon ein Hinweis, der auch später im Text relevant sein wird: Die Karma hat keine Kollisionssensoren. Daher ist es auch doppelt wichtig (und gesetzlich vorgeschrieben), dass man immer Sichtkontakt hat. Wenn der Saft knapp wird, fliegt die Karma auf direktem Weg zurück, um zu landen, egal ob noch ein Haus oder ein Baum im Weg steht. Da muss man also manuell korrigierend einwirken.

Mit vollem Akku geht es also wieder ans Werk und es folgen erste, etwas kompliziertere Flugmanöver. Die Drohne lässt sich gut kontrollieren, versucht sich trotz Wind stabil zu halten. Es gibt ein paar einfache, eingebaute Manöver:
Mit dem Dronie kann man so eine Art Drohnenselfie machen. Die Drohne entfernt sich dann vom Startpunkt und gewinnt an Höhe, und kommt danach wieder zum Ausgangspunkt zurück. Ganz witzig.
Mit Cablecar kann man ihr zwei Punkte angeben, zwischen denen sie mit wählbarer Geschwindigkeit hin- und herpendelt. Mässig lustig, da etwas arg eingeschränkte Möglichkeiten (dazu später mehr).
Richtig nett ist das Orbiting. Man gibt der Drohne einen Kreismittelpunkt an und den Radius, den sie zu diesem Punkt einhalten soll. Dann kreist sie um diesen Punkt mit definierbarer Geschwindigkeit, die Kamera immer auf den Mittelpunkt ausgerichtet. Damit kann man schöne Rundumsichten filmen.

Zwei Akkuladungen später bilde ich mir also ein, schon einigermassen mit der Drohne fliegen zu können. Dabei sind auch erste Filme entstanden. Natürlich bietet die Karma – konfigurierbar über den Controller – alle die Optionen an, die die eingebaute GoPro Hero zu bieten hat. Welche Video- und Bildformate mit welchen Auflösungen und Bildwiederholraten, das würde hier zu weit führen. Was aber fasziniert: Obwohl es recht windig ist und die Drohne arg zu kämpfen hat, sind die Videos bockstabil. In der Karma sitzt ein mechanischer Bildstabilisator, der zusammen mit dem Stabilisator der Hero Kamera unglaublich ruhige Filme produziert. Hinzu kommt die tolle Bild- und Farbqualität, die die GoPro Kameras von der Billigkonkurrenz abhebt. Die ersten mit der Drohne erzeugten Videos begeistern mich total.

Übermut und Ernüchterung

Bald sind erste «sinnvolle» Anwendungen der Drohne ausgeheckt und ich will eine Aussenaufnahme vom Goldschmiedeatelier meiner Frau in der Altstadt von Bern machen. Die Münstergasse ist eine enge Gasse zwischen mehrstöckigen Gebäuden. Als ich auf der am Sonntag glücklicherwiese fast leeren Münstergasse die Karma starten will, kommt ein Hinweis auf dem Controller: Kein GPS-Empfang. Ich muss einen Modus aktivieren, der ausdrücklich nur für Flugexperten geeignet ist. Nach den positiv absolvierten Flügen halte ich mich übermütigerweise für einen Experten. Naja, eigentlich nicht, aber ich will jetzt einfach das Video drehen. Ein erster kurzer Flug geht gerade noch gut und den Wackelflug rechtfertige ich damit, dass mich ein Passant während dem Flug über die Drohne ausgefragt hat. Also ein zweiter Flug, und der geht gründlich in die Hose. Ohne GPS-Empfang ist die Drohne alles andere als stabil in der Luft, sie driftet zur Seite und man muss schon ein feines Gespür haben, um sie jetzt zu kontrollieren. Es gelingt mir nicht. Mit jeder Berührung eines Joysticks verschlimmert sich die Lage und ich habe keinen Plan mehr, was ich mache. Die Drohne landet mit einem lauten Kracher im Schaufenster des Nachbargeschäfts, stürzt aus etwa einem Meter Flughöhe auf den Boden und drei Propeller sind zerstört. Fünf Tage nach dem euphorischen Unboxing ist die Karma flugunfähig.
Das führt zu einem klaren Fazit: GoPro hat Recht: die Karma ist definitiv NICHT für die Indoor Benützung konzipiert. Ehrlich gesagt hatte ich Glück im Unglück. Es kam niemand zu Schaden bei der Aktion, nur das Material. Also: Expertenmodus bedeutet wirklich Expertenmodus. Ich denke, den Flug ohne GPS-Empfang müsste man ausgiebig in sicherer Umgebung testen. Da die Karma keine Kollisionssensoren hat, ist der Pilot gefragt, solche Situationen zu verhindern. Andere Drohnen haben solche Sensoren. Egal, was GoPro noch an Softwareupdates liefert, diese Sensoren wird die Karma nie haben. Ich habe aber leider keine Möglichkeit gefunden, den GPS-Sensor gezielt zu deaktivieren und so diesen Flugmodus zu üben.
Weiter: Die Karma ist – wie von GoPro gewohnt – sehr robust konzipiert. Sie hat den Absturz unbeschadet überstanden – mal abgesehen von den Propellern. Lobenswert: Nicht nur die Propeller, sondern sämtliche Komponenten (Motoren, Flugarme) lassen sich einzeln nachbestellen. So habe ich natürlich sofort ein Propellerset nachbestellt und eine Woche später konnte die Karma wieder abheben.

Erste brauchbare Resultate

Kurz darauf muss ich für Barbara an eine Hochzeitsveranstaltung. Ich kenne die Location im Schloss Oberhofen. Top Lage, top Wetter, die Drohne kommt mit. Wie so oft meldet mir der Controller, dass ich mich in einem Sperrgebiet befinde, da zu nahe an einem Flughafen. Aber diesen Hinweis habe ich schon so oft an absolut absurden Orten gelesen, dass ich ihn ignoriere und dem Controller bestätige, dass ich eine Flugerlaubnis habe. Ich kann an der Veranstaltung mit der Drohne tolle Videos drehen. Sicher noch sehr planlos, aber die Perspektive ist einfach genia,l und bei diesen Wetterbedingungen macht die GoPro geniale Bilder. Auf die Schnelle wird ein kurzes Video zusammengeschnitten und auf Facebook gestellt. Einzig die recht agressiven Möwen, die über dem Thunersee kreisen, finden meine Drohne überhaupt nicht witzig und einen kurzen Moment befürchte ich einen Luftkampf. Übrigens gibt es eine Passenger App für das Smartphone, welche man mit dem Controller koppeln kann. So kann neben dem Pilot noch eine zweite Person das Livebild sehen und über die App auch die Kamera bedienen. Ich habe es noch nie ausprobiert, aber ein bisschen Teamwork wäre sicher nicht schlecht, denn Fliegen UND Filmen ist eine echte Herausforderung.

https://www.facebook.com/video.php?v=10155166267774788

Endlich Rennradszenen

Die Rennradreise «Formaufbau in Ligurien» steht an und ich nehme natürlich die Drohne mit. Wir machen dort Mitte der Woche immer einen Ruhetag mit einer kurzen Hausrunde, da sollte es kein Problem sein, die Tour mit der Drohne auf dem Rücken zu fahren.
Gesagt, getan. Leider sind uns in dieser Woche keine strahlenden Wetterbedingungen beschieden, aber an besagtem Ruhetag passt es ganz gut. Ich fahre der Gruppe etwas vor, suche einen geeigneten Drehort, Drohne auspacken, Propeller auf und ab in die Luft. Und schon bald kommen mir die Reiseteilnehmer entgegen. Ich habe zwei Drehorte geplant und will daher schonend mit dem Akku umgehen. Der Drehort ist eigentlich gut gewählt, aber ich schwitze mehr als auf dem Rad. Mit der Drohne möglichst nah an die Radfahrer ran, in keinen Baum fliegen, nicht permanent mich selbst auch noch filmen und so die Sequenz zerstören, einen guten Blickwinkel suchen, in die richtige Richtung drehen, manövrieren, Kamera schwenken, die Radfahrer verfolgen – ich bin schlichtweg überfordert.
Danach Propeller abschrauben, Drohne verpacken, Rucksack buckeln und zum zweiten Drehort. Dieser befindet sich auf einem Pass und ich schaue, dass ich reichlich Zeitvorsprung habe. Eigentlich wäre ich jetzt startklar und möchte die Radfahrer als Gruppe in der Passauffahrt filmen. Doch als ich den Controller starte, treibt mich GoPro schier zur Weissglut. Mir wird mitgeteilt, dass ich meine Anzahl Drohnenflüge ohne Registrierung bei GoPro absolviert hätte und mir nun zwingend ein Konto bei GoPro zulegen müsse, um weiterfliegen zu können. WTF! Ich stehe also hier, in Ligurien, auf einem Pass, habe die ganze Baggage hier hochgeschleppt, nur mein robustes Uralt-Nokia-Telefon dabei, das nur eines kann, aber das gut: telefonieren. Und dann kann die Drohne nicht fliegen, weil ich – aus welchem Grund auch immer – ein GoPro-Konto lösen muss. Mann! Glücklicherweise kann mir einer der Teilnehmer mit seinem Smartphone einen Hotspot einrichten und ich registriere mich mit dem Controller auf dem Pass bei GoPro (danke Berti!). Total nervig. So kann ich immerhin hier noch den Rest des Akkus verballern, aber natürlich nicht die gewünschten Filmsequenzen drehen.

Der Gimbal

Bei einer Kaffeepause ist Zeit, sich mal um das restliche Zubehör zu kümmern, namentlich den Gimbal. Dieser hält die Kamera immer schön waagrecht und nach vorne ausgerichtet. Es muss sich um eine Kombination aus von Elektromotoren bewegten mechanischen Teilen handeln. Hier trumpft GoPro gross auf: Der Gimbal ist vorne an der Karma Drone befestigt, lässt sich aber mit einem Handgriff aus der Karma entfernen und auf einen Stab mit Akku und Bedienelementen setzen. So kann man mit dem Stab in der Hand ganz witzige Videos aus ungewohnten Perspektiven aufnehmen. Dies bei faszinierend guter Bildstabilität. Dieser Stab lässt sich dann nach etwas Fummelei am linken Träger des Rucksacks befestigen und so kann man tolle Actionsequenzen auf dem Rennrad drehen. Die Kamera geht die Bewegungen sehr intuitiv mit und es macht mächtig Spass, auf einer Abfahrt den Kameramann in einer Gruppe Radfahrer zu spielen. Vom Produktvideo wusste ich, dass das mit dem Karma-Paket möglich ist und ich dachte, das sei einfach eine nette Spielerei. Doch die Möglichkeiten mit Gimbal und Rucksack sind enorm und in meinen Augen fast interessanter als die Drohne. Eines ist klar: Mit dem Zeug, das sich in dem Rucksack befindet, kann man eine Menge coole Sachen machen und egal, was die Karma Drohne für Schwächen hat, das Gesamtpaket passt genau auf meine Bedürfnisse und damit sticht GoPro die Konkurrenz aus. Ein sehr durchdachtes Kit für den Outdoor-Sport-Videofilmer.

Der nächste Schweissausbruch

Nachdem mich der Tragekomfort des Rucksacks angenehm überrascht hat, nehme ich die Drohne auch noch auf eine 120-Kilometer-Runde mit. Natürlich macht sich das Gewicht am Rücken mit der Zeit bemerkbar und ein Rucksack macht nie Spass auf dem Rennrad. Aber es ist erträglich. Eine erste Videosession auf einem kleinen Pass gelingt ganz ordentlich, und ich freue mich auf einen Videodreh an der spektakulären Cinque-Terre-Panoramastrasse, wo man aus knapp 500 Metern Höhe tolle Ausblicke über die Steilküste und das Meer hat. Ich stelle mir vor, dass ich mit der Drohne vom Meer her zu den Radfahrern fliege. Also bewege ich die Drohne über die Steilküste aufs Meer. Plötzlich meldet mir der Controller, dass er den Kontakt zur Drohne verloren hat, weil die Signalqualität schlecht sein soll. Wieso die hier schlecht ist, ist mir völlig schleierhaft. Fakt ist, dass die Drohne draussen über dem Meer in 500 Metern Höhe fliegt, ich sie nicht mehr kontrollieren kann und ich wieder mehr schwitze als auf dem Rad. Die Eigenintelligenz der Drohne lässt sie dann nach Verbindungsabbruch selbstständig zum letzten bekannten GPS-Punkt des Controllers zurückfliegen und so kommt sie brav wieder zu mir. Plötzlich klappt auch wieder die Verbindung und ich kann die Drohne wieder einigermassen kontrollieren. Einigermassen deshalb, weil sie nun einfach stur zurückkommen und landen will. Ich will aber die restliche Akkuzeit noch mit ein paar schönen Videosequenzen nutzen. Ein Fehler. Besser wäre es wohl gewesen, zu landen und mal alles aus- und wieder anzuschalten. So wird die restliche Flugzeit zu einem Kampf mit meinem Controller gegen den Rückkehrwillen der Drohne und ein vernünftiger, kontrollierter Flug wird so leider verunmöglicht.

Ein Traum in Südtirol

So langsam sind die Tücken des Drohnenflugs gemeistert und es steht ein Wochenende in Südtirol an, wo es wirklich nur darum geht, Videos zu drehen. Südtirol ist unser Firmensitz und daher auch eine wichtige Reisedestination, die wir gerne per Video vermarkten würden. Aber dazu muss erstmal etwas Material her. An diesem Wochenende passt alles zusammen. Wir haben unser komplettes Equipment am Start, traumhafte Wetterbedingungen, super Statisten und Ruth, die sorgfältig die besten Drehorte vorselektiert hat. So können wir recht effizient gigabyteweise Videos drehen. Gekrönt wird das Ganze von einer Abendstimmung auf der Seiser Alm und einem Sonnenuntergang am Schlern, den ich sicher nie mehr vergessen werde. Die Drohne fliegt und die GoPro vermag die Stimmung perfekt einzufangen. Das einzige, was jetzt fehlt, ist ein Ersatzakku. Andererseits wären es dann noch 20 Minuten mehr Videomaterial geworden, das zuerst einmal zeitaufwändig geschnitten werden muss.

Das Softwareupdate

Etwas wird bei den Rennradaufnahmen – egal ob in Ligurien oder Südtirol – klar: Drohne fliegen, die sich bewegenden Radfahrer im Fokus behalten, allenfalls Hindernissen (Hochspannungsleitungen, Bäume, etc.) ausweichen, die Kamera kippen, den Videomodus wählen, Akkustand beachten, und und und – die Aufnahmen sind Stress pur, und es ist ein gehöriges Mass an Multitasking erforderlich. Eines der Features, das der Karma fehlt und man bei einer Drohne dieser Preislage eigentlich erwarten würde, ist ein Verfolgemodus eines sich bewegenden Objektes, also beispielsweise eines Radfahrers.
Das Update auf Firmware Version 2.0 von Ende September 2017 hat hier einiges an Funktionalität nachgerüstet. Dazu vielleicht ein kurzer Einschub zum Update: dieses geschieht über den Controller, der natürlich WLAN hat. Er informiert (bei vorhandener Internetverbindung) über neue Updates, der Rest ist trivial, denn der Controller lädt das Softwarepaket herunter und verteilt es an die verschiedenen Geräte.
Wie gesagt, Version 2.0 bringt jetzt endlich einen Verfolgemodus. Es gibt eigentlich drei Varianten: Entweder steht die Drohne still in der Luft und verfolgt das Objekt mit der Kamera, sie bewegt sich im gleichbleibenden Abstand immer relativ zur Ausgangslage, als man den Modus gestartet hat, oder sie verfolgt das Objekt (Leinen-Modus, also wie ein Hund der seinem Hundehalter folgt). Das ist mal schon sehr brauchbar, aber: Während die Erkennung des Referenzobjekts bei anderen Drohnen über Bild- oder Mustererkennung läuft, ist das Referenzobjekt bei der Karma immer der Controller. Dies funktioniert dann zwar sehr zuverlässig über GPS, bedingt aber, dass man den Controller nicht nur immer bei sich trägt, sondern ihn auch geöffnet hat. Dies dürfte sicher auch daran liegen, dass die Karma keine Kollisionssensoren hat. Also ist die optische Flugkontrolle per Controller Pflicht. Nun ist der Controller nicht ganz so klein und passt ganz sicher nicht in eine Trikottasche. Damit ist der Verfolgemodus fürs Rennrad auch ziemlich uninteressant, da man einfach mit diesem Controller nicht vernünftig Radfahren kann. Trotzdem, ich werde ein paar Versuche starten.
Was hingegen richtig nützlich ist, ist, dass man der Drohne nun nicht mehr nur eine Linie zwischen zwei Endpunkten vorgeben kann, zwischen denen sie dann automatisch hin- und herpendelt. Man kann ihr nun eine ganze Flugstrecke vorgeben, mit mehreren Wendepunkten, die man vorher natürlich anfliegen und markieren muss. Das ist für Rennradaufnahmen aber durchaus interessant, da man so zuerst die Flugstrecke definieren kann, die Drohne dann diese Strecke pendelnd abfliegt und dabei Videos aufzeichnet. In meinen Augen das wichtigere Update als der Verfolgemodus.

Fazit

Auch wenn es der Karma Software- wie Hardwaresseitig an einigen Eigenschaften mangelt (Verfolgemodus per Mustererkennung, Sensoren) ist die Karma für mich die richtige Wahl. Es ist halt GoPro, und GoPro macht sich Gedanken, wie und unter welchen Bedingungen die Produkte genutzt werden. Dazu kommt die wirklich hervorragende Qualität der Kamera.
Das, was das Produkt GoPro Karma für mich attraktiv macht, ist die Kombination, mit der die verschiedenen Komponenten eingesetzt werden können und so ein sehr breites Spektrum abdecken. Es ist weit mehr als nur eine Drohne. Eine Drohne alleine wäre von ihrem Einsatzgebiet recht schnell ausgereizt. Aber das Paket aus Rucksack, Gimbal, hochwertiger Videokamera und Drohne lässt sehr vielfältige Einsatzzwecke zu. Für Rennradvideos, aber auch ganz andere spannende Sachen. Und sei es auch nur, um mit dem Karma Akku sein Smartphone oder den Garmin aufzuladen. ;-)

Ein Beitrag von:
Lukas Kamber
Italophiler Schweizer. Geboren in einem kleinen Bauerndorf nahe Bern, war das Rad von Kind an ständiger Begleiter zwecks Mobilität. Viel zu spät – dafür umso intensiver – die Liebe zum Rennrad wiederentdeckt und damit das Naturerlebnis in den Bergen. Aktuell sind offroad Entdeckungsfahrten mit dem Gravelbike hoch im Kurs.
3 Kommentare
  1. roman sagte:

    hallo
    danke für den interessanten bericht.

    ABER : sie fahren rad, nutzen dabei den controller und tragen keinen helm ?!?!

    also entweder sie müssen mehrere leben zur verfügung haben oder sie interessieren sich scheinbar für schwerwiegende kopfverletzungen bei einem sturz.
    nichts für ungut; grüsse au dem op

    Antworten
    • Lukas sagte:

      Hallo Roman

      ich kann einfach saumässig gut Rad fahren ;)

      Die Diskussion übers Helmtragen ist natürlich müssig. Ich trage sicher bei >99% meiner Radfahrten einen Helm. Zwei Stück habe ich bei Stürzen schon zerstört und war entsprechend froh darüber, einen auf dem Kopf zu haben. Wie oft ich am Kopf schon genäht wurde, weiss ich ehrlich gesagt nicht mehr. Als Kind, das auf dem Land aufgewachsen ist, wo Radfahren mit Mobilität gleichzusetzen war und zu Zeiten, als es noch keine Radhelme gab, hat es halt immer mal wieder geblutet.
      Fahre 15’000 Kilometer pro Jahr, ganzjährig zur Arbeit, bei allen Bedingungen, Dunkelheit, Eis & Schnee. Sicherheit ist ein Kompromiss und ab einer gewissen Prozentzahl wird es irrwitzig, noch mehr Sicherheit zu haben. Wäre ich auf Sicherheit bedacht, dürfte man das nicht machen. Nicht wegen mir, sondern wegen der Gefahr, die von den Autos in der Dunkelheit ausgeht. Aber mir würde so viel fehlen!
      Ehrlich gesagt finde ich auch, dass wir in einer zu sehr auf Sicherheit fixierten Gesellschaft leben, aber das ist wiederum ein Thema für sich.
      Jedenfalls, ja, auf dem Rad erlangt bei mir schon immer mal wieder der Leichtsinn die Überhand, hat irgendwie auch mit Lebensfreude zu tun. Dazu gehört auch, rasch mit dem Rad unbehelmt ein paar Drohnenaufnahmen zu machen.

      In dem Sinne sturzfreie Kilometer!

      Antworten

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