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Farinata – veganes carbo loading

Es ist ja ganz witzig. Als Guide und Organisator auf meinen Ligurienreisen habe ich schon hunderte Teilnehmer in die Osteria Luchin geschleppt und sie genötigt, zur Vorspeise etwas Farinata zu kosten. Schlichtweg deshalb, weil kaum jemand, der nicht aus Ligurien stammt, also 100% unserer Teilnehmer, die Farinata kennt. Und weil es faszinierend ist zu sehen, wie bei Luchin die Farinata zubereitet wird. Und weil eigentlich alle Farinata mögen. Alle? Nein, nicht ganz. Und ich gehöre diesem kleinen Prozentsatz an, der sie nicht sonderlich mag. Es ist eine leckere Speise, aber angesichts der Alternativen – vor allem bei Luchin – investiere ich meine hart verbrannten Kalorien lieber in Pasta, Pasqualina und vieeel Brot. Trotzdem will ich Lothi hier mit einem Farinata Rezept Schützenhilfe leisten. Denn eins ist bei allen individuellen Vorlieben unbestritten: Farinata ist ein veganes Gericht, das gut als carbo loading vor oder nach langen Rennradtouren taugt. Damit meine ich aber Carbo Loading im Rahmen einer längeren Radtour oder auch einer Trainingswoche. Zieht man die Sportwissenschaft heran, welche unter Carbo Loading 10-12g Kohlenhydrate pro Kilo Körpergewicht versteht, so dürfte einem die Farinata in diesen Quantitäten auch ziemlich rasch aus dem Hals raushängen …

Wir wir zur Farinata kamen

Unser Weg zur Farinata ist gleichzusetzen mit unserem Weg nach Ligurien, gepflastert von Zufällen. Begonnen hatte alles mit einer Städtereise über Pfingsten nach Genua. Zu einer Zeit, als ich meine Leidenschaft zum Rennrad leider für ein paar Jahre verloren hatte. Nicht dass wir unbedingt nach Genua wollten, wir wollten einfach weg. Die Bahn hatte Aktionspakete für Wien und Genua, Genua lag näher und die Aussicht auf gutes Essen war grösser. Also wurde es Genua, es hat uns dort gefallen, und vor allem haben wir gut gegessen. So kamen wir nach Ligurien, so hat alles angefangen.

Noch im gleichen Jahr flammte die Leidenschaft zum Rennrad wieder auf, bei Barbara und mir. Und im folgenden Februar drehten sich schon alle Gedanken ans Radfahren und die bevorstehende Saison. Wir wollten fahren, draussen, genug von der Rolle, ohne Schne, Eis und Frostbeulen. Das Naheliegendste war, ein paar Tage nach Genua zu verduften und dort die erste Kilometer zu machen. Und es hat funktioniert, sehr gut sogar. Und da es im Februar schon so gut geklappt hatte, musste es im Frühling ja auch klappen. Am Wochenende hatte es viele Radfahrer auf der Via Aurelia, aber nur Italiener. So nahmen wir den nächsten Schritt: der Entschluss, in Ligurien geführte Rennradreisen anzubieten.

Wie wir zur besten Farinata kamen

Die Entdeckung der besten Farinata Liguriens war schlussendlich ein Nebenprodukt der Rennrad Tourenplanung. Der Entschluss, Rennradreisen in Ligurien anzubieten, bedeutete, einen guten Standort zu haben. Nun muss man wissen, dass es in Ligurien sehr viele Berge gibt, eigentlich fast nur Berge. Wenn man an der Küste ist, und da will man im Frühling hin (mal abgesehen davon dass es im Hinterland kaum grössere Hotels gibt), bedeutet das in der Regel, erstmal 600 Höhenmeter über die erste Hügelkette zu machen um ins Hinterland zu gelangen, und auf dem Weg zurück nochmals. Das schränkt die Tourenplanung aber arg ein!
ligurien-chiavari-farinata-luchin-marktEs gibt wenige Ausnahmen von dieser Regel, zwei davon sind Genua und La Spezia. Beide fallen weg, weil es zu grosse Städte mit zu viel Verkehr sind. Perfekt geeignet ist hingegen Chiavari (Betonung auf dem ersten A). Dass der Name von chiave, Italienisch für Schlüssel, stammt, wurde mir erst klar, als die erste Ligurienreise schon ausgebucht war. Chiavari trägt seinen Namen, weil es der Schlüssel zum Tal ist. Und es ist nicht nur ein Tal, sondern deren drei, Val Fontanabuona, Val Sturla und Val Graveglia. Alle drei Flüsse zusammen – vereint zur Entella – haben sich zwischen Carasco und Chiavari einen Weg durch die Hügelkette gebahnt. Und bieten uns so ideale Voraussetzungen um praktisch ebenen Weges ins Hinterland zu gelangen und mannigfaltige Touren über die Pässe zwischen diesen Tälern zu fahren. So kamen wir nach Chiavari, das mittlerweile unsere zweite Heimat darstellt.

Und Chiavari hat es uns nicht nur wegen dem Radfahren angetan. Oh nein, Chiavari ist richtig verfressen. Es dreht sich alles ums Essen. Chiavari ist eine Handelsstadt. Nicht wie das angrenzende Lavagna. Lavagna hat eine viel engere Beziehung zum Meer. Nach Chiavari kamen seit jeher die Leute aus dem Hinterland um ihre Erzeignisse zu verkaufen. Vorwiegend Sachen zum Essen. Und dabei sicher auch noch gleich ein leckeres Mittagessen einzunehmen. Wir sind auch verfressen. Am liebsten mit Heisshunger nach einer langen Tour so richtig zuschlagen. Drum passt das so gut, mit Chiavari.

Und Chiavari hat – neben vielen anderen vorzüglichen Ristorantes, Osterias und Pizzerias – die Osteria Luchin. Von allen je gegessenen Farinatas gibt es hier die beste. Und das sage nicht nur ich. Das liest man auch in Fremdenführern, es ist einfach Fakt. So knusprig und doch nicht trocken. Und zuzuschauen, wie eine Farinata nach der anderen in den Ofen wandert und gebacken wieder heruaskommt, die Technik von Gianni, dem Farinata-Bäcker, das ist immer wieder ein Erlebnis. Einen kleinen Ausschnitt von der Zubereitung der Farinata seht ihr unten im Video. Und nun kommt es doch noch, das Farinata Rezept. Aber macht euch keine Illusionen, so wie bei Luchin wird sie nie werden …

Das Farinata Rezept

Traditionell wird Farinata in einer runden Kupferpfanne mit einem kleinen Rand zubereitet (siehe Fotos und Video). Die Farinata sollte dünn, knusprig aber trotzdem nicht trocken sein. Zuerst muss die Pfanne vorbereitet werden. Dazu wird sie mit Olivenöl bester Qualität – vorzugsweise ligurischem extravergine Olivenöl – bedeckt und richtig gut erhitzt. Danach lässt man die Pfanne wieder abkalten und entfernt das überschüssige Öl.
Jedes Mal vor der Zubereitung der Farinata muss die Pfanne erhitzt werden und dann mit Öl bedeckt werden. Erst jetzt gibt man den Teig hinzu, so klebt er nicht an der Pfanne an.
An Stelle einer Kupferpfanne kann man auch eine Aluminium oder rostfreie Stahlpfanne verwenden. Das Rezept ist für eine Pfanne von 38cm Durchmesser.

Zutaten:
1 knapper Liter lauwarmes Wasser
300g Kichererbsenmehl (Farinata ist also nicht nur vegan, sondern auch glutenfrei)
1 grosse Prise Meersalz
115ml extravergine Olivenöl
Frisch und fein gemahlener, schwarzer Pfeffer
Olivenöl, um die Pfanne vorzubereiten

Der Farinata Teig

Das Mehl in einer Schüssel in das Wasser einrühren, mit einer Holzkelle oder einem Rührbesen, bis keine Mehlklümpchen mehr vorhanden sind. Die Mischung 2 bis 4 Stunden stehen lassen. Derweil Ofen und Pfanne vorbereiten. Auf der Teigmischung hat sich ev. etwas Schaum gebildet, diesen entfernen. Salz und Olivenöl zugeben und verrühren bis sich das Öl gleichmässig verteilt hat. Den Teig nun in die Pfanne geben. Der Teig sollte in der Pfanne max. 1 cm hoch sein, besser noch dünner. Wenn zu viel Teigmasse da ist, diese besser für eine zweite Farinata sparen statt eine zu dicke Farinata machen. Nach dem Backen kann die Farinata noch etwas mit dem Pfeffer bestreut werden.

Die Farinata backen

Wie aus dem Rezept zu ersehen ist, ist die Zubereitung des Teigs keine Hexerei. Es gibt sogar Fertigmischungen für Farinata, und die sind nicht mal schlecht (ist ja auch nicht viel drin). Daher besteht die Kunst der Farinata Zubereitung in dem Backprozess. Dass man die Farinata zu Hause nicht so hinkriegt wie beim Profi liegt schon mal an der Hitze des Ofens. Gleiches Problem wie bei der Pizza und dem Brot. Der Ofen zu Hause wird einfach nicht heiss genug (auch wenn sich dagegen durch Entfernung der Sicherung etwas Abhilfe schaffen lässt, aber das wäre ein Thema für einen eigenen Blogbeitrag, der aber wenig mit Rennradfahren zu tun hat …). Also: Ofen zu Hause auf Maximum. Besser ist auch, wenn die Hitze von oben kommt, damit die Farinata eine schön knusprige Oberfläche kriegt. Daher also eher om oberen Teil des Ofens backen. Die Backzeit bei einem normalen privaten Backofen mit max. 220°C beträgt 20 bis 25 Minten. Gelegentlich kann man die Farinata etwas mit Öl besprühen falls sie zu trocken wird.
Das wars, so einfach das tönt, umso erstaunlicher ist es, wie unterschiedlich das Resultat in verschiedenen Restaurants und Bäckereien ist.

Video:
© Daniel Rytz, Rytz.tv

Bilder:
© Carmelo Agovino, carmelo agovino fotografie

Ein Beitrag von:
Lukas Kamber
Italophiler Schweizer. Geboren in einem kleinen Bauerndorf nahe Bern, war das Rad von Kind an ständiger Begleiter zwecks Mobilität. Viel zu spät – dafür umso intensiver – die Liebe zum Rennrad wiederentdeckt und damit das Naturerlebnis in den Bergen. Aktuell sind offroad Entdeckungsfahrten mit dem Gravelbike hoch im Kurs.
1 Kommentar
  1. Lutz sagte:

    Hi Lukas
    Man bekommt zwar den Backofen in der Küche nicht heiss genug.
    Gute Erfahrung habe ich mit Kugelgrills gemacht. Egal ob Kohle oder Gas. Da kommt man gut auf 320 Grad oder mehr.
    Das nutze ich schon lange für Pizza und habe letztens auch Farinata darin gemacht. Gusseiserne Pfanne hatte ich schon passend dafür. Das Ergebnis war echt super.

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