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Saisonausklang in Ligurien – Erdrutsch Abenteuer

Saisonausklang in Ligurien

Ganz spontan hatte ich mich entschlossen, noch am Saisonausklang in Ligurien teilzunehmen. Da ich 2015 erst eine Woche in Chiavari war, wollte ich die Chance, die mir ein überschaubarer Terminkalender bot, nutzen. So schön das Guiden auch ist, hatte ich doch auch Lust darauf einfach wieder einmal ohne Guide-Verantwortung bei einer Reise dabei zu sein.

Beim Treffen zur Auftaktrunde am Samstag war das Wetter wie immer perfekt und es war schön, alte Bekannte wiederzusehen, welche wie ich diesen Teil des Apennin zum Rennradfahren lieben und immer wieder zu unseren Reisen in Chiavari kommen. Wie bisher stets im September war die Prognose für die Woche top und hielt bis auf einen warmen Regenschauer auch was sie versprach.

Die beiden Gruppen teilten sich gleichmässig und gut auf und in der sportiven Gruppe wurde von Beginn an sportlich gefahren, so dass die ersten Touren der Woche in einer tollen Gruppe bereits viel Spass machten.

Am zweiten Tag wäre der Urlaub für mich aber fast schon zu Ende gewesen. Auf der Abfahrt hinunter nach Rapallo überholte unsere Einerreihe in einer Linkskurve innen ein Motorradfahrer, verbremste sich, stürzte neben mir und ligurien_italien_saisonausklang_rennrad_reise_unfallrutschte samt Motorrad Richtung Kurvenäusseres. Mir machte er damit den Weg zu und da sich rechts eine hohe Mauer befand wurde der Platz eng. Mit einer Vollbremsung, Hinterrad weit oben und Ausnutzung jedes Zentimeters touchierte ich nur leicht das nun vor mir liegende Motorrad und stieg irgendwie über meinen Lenker und den Lenker des Motorrades ab, stand und konnte noch mein Rad greifen bevor es umfiel. Keine Ahnung wie das alles ging aber Glück gehabt. Der Motorradfahrer weniger. Er wurde einige Zeit später per Krankenwagen ins Spital gebracht. Zu dritt warteten wir noch bis dann endlich die Polizei kam, da man uns gesagt hatte, wir sollten bitte als Zeugen da bleiben. Hätten wir uns sparen können. Die Polizistin gab mir ihre Visitenkarte und meinte, wir sollten einfach per Mail zusenden, was wir gesehen hatten. Italien ;-) Das der Gruppe Nachfahren wurde dann ein munteres Tempobolzen bis wir wieder alle vereint waren.

Königsetappe mit Hindernissen

Die erste von zwei „Königsetappen“ war am Donnerstag mit 185 km und 3’300 hm bereits sportlich angesetzt, sollte aber noch einige Überraschungen für uns haben.

ligurien_chiavari_rennrad_meer_saisonausklang_cycling_adventures_005Der Start erfolgte um 8:30 Uhr und gemütlich gingen wir in geschlossener Gruppe den Passo del Bocco an, welcher mit mässiger, gleichmässiger Steigung und seinen ca. 880 hm ein guter Anstieg zum Warmfahren ist. Nach einem verdienten Espresso folgte die Fahrt durch das schöne Tarotal und hinauf nach Bedonia, wo der nächste Caffee in der schönen Altstadt folgte, die ich bisher sträflicherweise stets umfahren hatte. Sehr hübsch.

Über den Montevaca und das folgende Tal befuhren wir noch bekanntes Gebiet, welches hinauf zum Passo delle Pianazze endete. Ein wunderschöner Anstieg in einsamer Landschaft, den weder Lukas noch ich bisher gefahren waren. Bis hierher alles normal, wir waren im Zeitplan und es stand nur noch ein Anstieg an bevor wir durch das wunderschöne Avetotal hinauf zum Passo della Forcella fahren würden. So war zumindest der Plan, den auch der Passo del Mercatello noch nicht durchkreuzte. Das Abenteuer begann dann aber auf der Abfahrt. Eine kleine, steile Strasse mit vielen Serpentienen hinunter ins Avetotal. Eigentlich in wenigen Minuten bewältigt, wenn… ja wenn hier nicht einen Tag zuvor starke Regenfälle niedergegangen wären. Der kleine Bach, welchen wir immer wieder problemlos querten, muss dabei eine ordentliche Arbeit geleistet haben.

ligurien_chiavari_rennrad_meer_saisonausklang_cycling_adventures_010Es begann mit kurzen Stellen die mit Steinen übersät waren. Sie steigerten sich in Steine mit Erde vermengt, welche von Kurve zu Kurve an Menge zunahmen, bis wir an einer Stelle vor einem ausgewachsenen Erdwall standen, welcher die Strasse auf gut fünf Metern bedeckte. Rechts Felswand, links Steilhang. Ein Umgehen war unmöglich also nach ein wenig beraten war klar, dass wir darüber müssen. Es ging besser als gedacht. Ein Einklicken in die Pedale war danach aber unmöglich, da es sich um sehr klebrige Erde handelte, welche nun unsere Schuhsohlen um ein paar Zentmeter erhöhte.

Im Tal angekommen hatten wir gut eine halbe Stunde an Zeit verloren. Aber was soll es. Nur noch das Tal hinauf und die endlose Abfahrt zurück nach Chiavari und ein toller und spannender Tag wäre vorbei. Denkste!

Nach etwa 3 Kilometern, in Salsominore, war erneut Ende. „Strada Chiusa“, fragende Gesichter und die Diskussionen ob man es probieren sollte. „Ist ja nur für Autos gesperrt.“, „Man kann doch sicher daran vorbei oder drüber tragen.“. Dazu aber auch die Zweifel. „Wie weit oben ist denn die Sperrung?“, „Und wenn wir damit noch mehr Zeit verlieren?“. Es half alles nichts und leider konnte uns auch kein Dorfbewohner so richtig Auskunft geben. Erst ein LKW Fahrer der von oben kam konnte Lukas die unangenehme Gewissheit geben, dass die Strasse total blockiert sei und auch für Radfahrer und Fussgänger kein Durchkommen war.

ligurien_chiavari_rennrad_meer_saisonausklang_cycling_adventures_008Puh… Das sass erst mal. Die Ernüchterung schlug aber schon bald in Aktivismus und Abenteuerlaune um. „OK? Und wie fahren wir dann?“ Lukas und ich kannten die Antwort, gab es doch nur eine realistische Möglichkeit, welche etwa 30 Zusatzkilometer bedeutete. Ein sehr schöner Umweg aber die Zeit rannte uns davon, also nichts wie los. Das Avetotal zügig runter nach Marsaglia und ab ins Trebbiatal, welchem wir bis zum Scoffera folgen würden. Die zwar kilometermässig kürzere, mit mehr Höhenmetern versehene Variante verwarfen wir, da wir befürchteten, damit letztlich mehr Zeit zu benötigen.

Lukas organisierte uns während seiner unermüdlichen Arbeit im Wind parallel noch telefonisch einen „Fast Food“ Stop bei Ottone, wo uns Getränke und Paninin erwarteten, die wir zügig und hungrig verschlangen. Perfekte Organisation in kürzester Zeit. Chapeau!

ligurien_chiavari_rennrad_meer_saisonausklang_cycling_adventures_001Nun hiess es Gas geben. Lukas verteilte die Positionen und zügig fuhren wir, zum Glück mit ein wenig Rückenwind, das Trebbiatal hinauf. Bereits nach Sonnenuntergang, bei beginnender Dämmerung erreichten wir  Scoffera. Ziel war es, noch im Hellen die Abfahrt hinter uns zu bringen und das Tal zu erreichen. Das schafften wir gut und erst ca. 10 km vor Chiavari erhaschte uns die entgültige Dunkelheit. Wer Licht hatte fuhr vorne oder hinten und so kamen wir nach 230 km und 3’350 hm sicher in Chiavari an.

Download file: avetotal_erdrutsch_ligurien_rennrad_italien.gpx
  

Wochenabschluss

Hannspeter hatte unsere Verspätung im Restaurant angekündigt, so dass wir ohne Verzögerung die leer gefahrenen Kohlenhydrat-Speicher wieder mit Pasta und Pizza füllen konnten. Es herrschte Einigkeit, dass es eine Tour war, welche keiner so schnell vergessen wird… fahren wie geplant kann ja jeder. Wo wir uns aber auch einig waren, war die Planung des Folgetags. Die zweite Königsetappe am Abschlusstag, mit 200 km und 3’650 hm, wurde mit nur einer Gegenstimme gestrichen und statt dessen mit 130 km und 2’650 hm ersetzt in welche wir dann noch ausreichend Kaffeepausen eingebaut haben.

Den Samstag, wo die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer schon abgereist sind nutzte ich dann noch für eine Abschlussrunde bevor diese tolle Rennradwoche mit der Rückreise am Sonntag zu Ende ging.
  

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Ein Beitrag von:
Lutz Goldbecker
Schweizer Deutscher der auch sehr gerne in Italien oder Frankreich Rennrad fährt.
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