Conti GrandPrix 4000S vs Schwalbe One
Es gibt unzählige Vergleichstests mit vielen tabellarischen Zahlenwerten, in denen diese beiden Rennradreifen gegeneinander antreten. Mein Blog ist eher eine Rückblick auf meine letzten 10 Jahre Rennrad fahren mit ca. 150’000 Kilometern und ein persönlicher Trend Ende 2016. Der Reifen ist eines der wichtigsten Teile überhaupt am Rennrad. Er stellt den Kontakt mit der Strasse dar. Rollwiderstand, Pannensicherheit, Fahrverhalten. Diese drei Aspekte sind für mich fundamental wichtig, sei es als Guide auf einer Rennradreise oder auf dem alltäglichen Weg zur Arbeit. Bei kaum einem anderen Teil am Rennrad bin ich skeptischer, mal etwas auszuprobieren. Daher reduziere ich den Blog auch auf die zwei Hersteller Continental und Schwalbe. Sie sind meines Erachtens konkurrenzlos und ich bin die letzten 10 Jahre nichts anderes mehr gefahren.
So tat es auch die Mehrzahl der Teilnehmer auf den von mir geleiteten Reisen, die Konkurrenzprodukte haben mich nicht überzeugt und wurden auch selten gelobt. Die Gegenüberstellung bezieht sich immer auf die jeweils verfügbaren Top-Produkte der beiden Herstellers. Angesichts der Wichtigkeit des Reifens macht es einfach keinen Sinn, hier ein paar Euro zu sparen.
Am Anfang war der Ultremo
Ich weiss nicht mehr, was ich vor dem Schwalbe Ultremo gefahren bin. Ich kann mich aber erinnern, dass der Ultremo damals in Fachzeitschriften als Revolution angepriesen wurde und natürlich kam er auch an mein Rad. Und so fuhr er sich auch. Die Haftung war einfach sensationell und die Form begünstigte eine extreme Kurvenschräglage. Die in der Lauffläche eingelegte Teflonschicht reduzierte die Pannenanfälligkeit massiv. Zudem war der Reifen der mit Abstand Leichteste seiner Zunft. Mein erster Ultremo kam etwa zeitgleich auf meine Felgen, als ich mich mit meinem danals neuen Pinarello Galileo richtig wohl zu fühlen begann. Die Folge war ein Fahrgefühl und Kurvenradien, woran ich immer noch mit Wehmut zurückdenke.
Der Anfang vom Ende des Ultremo
Mit weniger Wehmut denke ich an eine Abfahrt vom Albulapass Richtung La Punt. Im unteren Teil gibt es herrliche 180° Kurven. Mein Vertrauen zu meiner Kurvenschräglage und dem Ultremo war grenzenlos. Definitiv zu grenzenlos. Ich weiss nicht, ob die Lauffläche schon etwas abgefahren war, sicher aber habe ich es masslos übertrieben. Und da wir als Rennradfahrer nicht mit einer dicken Lederkombi und Protektoren ausgestattet sind, endete die Kurve, als die Haftgrenze des Ultremo überschritten wurde, mit dem Verlust eines Trikots, einer Radhose und grösseren Stücken Tapete. Das war Frust Nummer 1.
Schwachpunkt Seitenwand
Natürlich gab ich die Schuld am Sturz primär mir und dass ich den Ultremo zu lange gefahren bin. Trotzdem, dieses Gefühl von «ich kann jeden Kurvenradius fahren» war weg. Eine der folgenden Touren führte mich in den Jura. Auf den Tag hatte ich mich schon lange gefreut. Ich hatte den ganzen Tag Zeit und wollte alleine eine lange Runde drehen. Es ging los über den Grenchenberg. Auf der Abfahrt hatte es leider recht viele Steine und schon bald erwischte ich einen. Das Loch, das der Stein in den Reifen riss, erforderte «Mac Gyver» mässige Ausbesserungsarbeiten, damit der neue Schlauch nicht gleich wieder aus dem Loch rausdrückte. Zwei Kilometer weiter ereignete sich das Drama nochmals. Ersatzschlauch hatte ich keinen mehr, die Löcher waren so gross, dass mit den Instant-Flicken nichts auszurichten war und der Ultremo war auch völlig aufgeschlitzt.
Planmässig war ich am späten Nachmittag zu Hause. Aber statt 150 Kilometer standen zwei Fussmärsche à total 10 Kilometer und eine längere Zugfahrt zu Buche. Und herrlich viel Frust und Ärger über einen total verpatzten Tag.
Natürlich sollte man nicht über scharfe Steine fahren, aber beim Ultremo war an den Seitenwänden einfach nichts an Pannenschutz, der das doppelte Malheur hätte verhindern können. Da hatte man aus Gründen des Gewichtstunings einfach zu sehr gespart und deshalb gab ich dem Ultremo die Schuld für eine vermasselte Tour.
Umstellung auf Continental
Also wurde umgestellt auf Continental. Der einzige, der in der Liga vom Ultremo spielen konnte. Der Ultremo war damals richtig angesagt, geriet aber immer mehr ins Abseits. Beide Hersteller hatten zu der Zeit mit Problemen zu kämpfen. Beim Continental war es aber ein Bagatelle. Es lösten sich immer wieder Fäden an der Seitenwand. Nichts Tragisches und vor allem nichts Gefährliches. Es reichte, ab und zu etwas Fäden vom Reifen oder von der Achse zu entfernen, wo sie sich gerne rumwickelten. Beim Ultremo kam es hingegen zu einer komischen Blasenbildung, vor allem bei Hitze. Das Thema wurde auch in den Rennradmagazinen thematisiert und dies war ein ernsthaftes Sicherheitsthema, wo man sich auf den Abfahrten nicht mehr sicher fühlte. Denn wenn sich die Blasen bildeten, lösten sich Teile der Lauffläche auf. So kam es, dass plötzlich fast alle den Continental 4000S fuhren. Inklusive mir.
Abgesehen von den angeblich sehr guten Laufeigenschaften (ist ja subjektiv immer sehr schwer zu beurteilen), war und ist die Pannensicherheit einfach top. Das war ja auch der Auslöser für den Wechsel und der Continental war diesbezüglich einfach klar überlegen. Die Anzahl Platten auf dem Arbeitsweg ging fast gegen Null, obwohl diverse Glassplitterhaufen durchfahren wurden. Davon angetan, wechselte ich konsequent auf allen Rädern auf Continental 4000S und später natürlich auf das Nachfolgemodell. Die Fahreigenschaften waren schon deutlich anders als beim Ultremo. Der Ultremo war runder geformt, der Continental leicht kastenförmig, und das fühlte sich in der Kurve nicht gleich an. Hier erreichte der Continental nicht das Niveau vom Ultremo. Und es verunsicherte mich, als ich zu Beginn beide Modelle an verschiedenen Rädern fuhr. Aber die Vorteile vom Continental – insbesondere die Pannensicherheit – gaben den Ausschlag und so wurden alle Räder sukzessive auf Conti umgestellt.
Und über Jahre bin ich den Continental 4000S mit grosser Zufriedenheit gefahren. Kleines Detail am Rande: der Continental hat eine Laufrichtung, es gibt also ein vorne und hinten. Der Pfeil ist nur schwer zu erkennen und mit Rotation bezeichnet. Er befindet sich nur auf einer Seite, man muss also teilweise recht lange suchen. Man kann es sich aber auch anders merken, weil das Profil asymetrisch ist.
Dass ich mit dem Continental nicht mehr so abfahren konnte wie mit dem Ultremo war zu verschmerzen, dieses Grundvertrauen war nach dem Albulasturz eh weg.
Zweite Chance
Eigentlich gefiel mir am Continental nur etwas nicht: die Art, wie er sich abnützte. Einerseits wurde die Gummilauffläche mit der Zeit recht spröde. Ich hatte mir angewöhnt, einen am stärker beanspruchten Hinterrad teilweise abfahrenen Reifen am Vorderrad noch komplett runterzufahren. Die Entscheidung, den Reifen endgültig in die Tonne zu werfen fiel aber selten, weil er komplett runtergefahren war, sondern weil diese spröde Lauffläche mir nicht mehr vertrauenserweckend erschien. Und die Form, wie er sich abnützte. Diese Kastenform, die mir schon bei einem neuen Reifen für die Fahreigenschaften in der Kurve als unvorteilhaft erscheint, wird mit zunehmender Abnützung der Lauffläche immer prägnanter.
Nachdem ich einige positive Stimmen zum Top-Reifen aus dem Hause Schwalbe (mittlerweile hiess der nicht mehr Ultremo sondern Schwalbe One) gehört hatte, und mich doch immer wieder an diese tollen Fahreigenschaften vom Ultremo erinnerte, hatte ich Lust, auch wieder mal den Schwalbe auszutesten.
Ein subjektives Fazit
Neulich ist mir aufgefallen, dass ich diesen Schwalbe, den ich aus einer Laune mal wieder was zu probieren gekauft hatte, auf meinem Alltagsrad nun 1,5 Jahre fahre und wie angenehm unauffällig er seinen Dienst verrichtet. Pannenfrei und die Lauffläche macht immer noch einen schönen Eindruck. Wenn ich die beiden Reifen gegenüberstelle, fehlt mir beim Schwalbe eigentlich nur die Verschleissanzeige, die der Conti 4000SII hat.
Optisch schenken sich die beiden Modelle nicht viel. Der Schwalbe sieht mit seiner glatten Lauffläche noch etwas ruhiger und edler aus. Die unter Umständen störenden gelben Schriftzüge am Continental 4000S sind am 4000SII einer praktisch farbneutralen Ausführung gewichen.
Pro beim Schwalbe:
Der Reifen behält seine runde Form und fährt sich nicht so kastenförmig ab wie der Continental.
Die Gummimischung wäre beim Contnental nach besagten 1,5 Jahren bei den vorherrschenden Wetterbedingungen schon längst verdächtig spröde geworden.
Pro Continental:
Aktuell grad nur oben genannte Verschleissanzeige und der Umstand, dass er mir nun viele Jahre treue Dienste erwiesen hat. Doch das reicht nicht als Grund. Man soll immer wieder alles in Frage stellen. Was die technischen Werte angeht vertraue ich auf Testberichte aus Rennrad Magazinen, wonach sich die beiden Reiden weder beim Gewicht noch beim Rollwiderstand viel schenken.
Also mache ich wieder mal den Wechsel. Wenn ich den Schwalbe dann nicht nur an meinem Alltagsrennrad, sondern auch an meinem Lieblingsrenngerät dran habe und ein paar lange Alpenabfahrten gefahren bin, werde ich auch schlauer sein, was das Fahrgefühl in den Kurven angeht. Ich werde kommentieren …
Mich hat Schwalbe 2009 mit dem Problem der Blasenbildung als langen, treuen Kunde verloren. Die defekten und beanstandeten Reifen wurde zwar anstandslos ersetzt, als Entschädigung gab es immer zwei Schläuche, aber selbst bei der Ende 2009 erschienen Version R.1, hatte ich Anfangs wieder das selbe Fehlerbild. Nach sage und schreibe vier defekten Schwalbe Ultremo, entsprechend vielen abgebrochenen Rennradtouren, zum Glück ohne Unfälle, und Heimfahrten mit der Bahn, war ich es Leid, habe die restlichen zwei entsorgt und fahre seit dem die Conti GrandPrix 4000S. Am Renner werde ich auch jetzt bei Conti bleiben, bin einfach sehr zufrieden damit. Anders sieht es bei meinem Crosser aus, mit tubeless Felgen von Stans, werde ich hier alsbald den Schwalbe pro one Tubeless-Reifen testen. Neugierig auf Tubeless-Reifen kann mich Schwalbe evtl. hier wieder überzeugen und wer weiß, vielleicht teste ich sie dann doch einmal wieder am Rennrad ;-).
Hallo Martin
natürlich sind wir immer gespannt, falls du etwas testest. Sei as am Crosser oder am Rennrad. Lass uns auf alle Fälle wissen, wenn du neue Erkenntnisse gewinnst.
Lieber Gruss, Lukas