Christoph Strasser Interview
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Ultracyclist Christoph Strasser im Interview mit Cycling Adventures

Interview mit Ultracyclist Christoph Strasser

Xandi trifft Christoph Strasser am Tag nach seinem Vortrag in Salzburg, in dem er auf seine Erfahrungen beim Ultracyling eingeht und uns auch den einen oder anderen Tipp gibt, ohne dabei aber aufdringlich zu sein.

Vorstellen brauchen wir ihn wahrscheinlich nicht, er hat das Race Across America schon fünf Mal gewonnen, das Race Around Austria auch mehrmals, er hält diverse Weltrekorde im Ultracycling und wurde kürzlich Weltmeister im 24h Einzelzeitfahren in Borrego Springs.

Christoph erscheint zum Interviewtermin gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Sabine, und da wir uns vorab schon per Mail verabredet haben, ist das „Du“ natürlich selbstverständlich.

Xandi von Cycling Adventures:

Lieber Christoph, liebe Sabine, herzlichen Dank dafür, dass Ihr euch die Zeit genommen habt. Deine Erfolge kann ich gar nicht alle aufzählen. Als erste Frage drängt sich natürlich die Folgende auf: Wie bist du zum Ultracycling gekommen?

Christoph Strasser:

Das ist eigentlich eine ganz unspektakuläre Sache, wie wenn man einen Profifußballer fragt, wie er zum Fußball gekommen ist. Es war so, dass man gehört hat, was die „Großen“ so machen, ich erwähne hier Wolfgang Fasching und Herbert Meneweger, die haben von ihren Abenteuern beim Race Across America berichtet. Ich wollte schon in jungen Jahren öfters etwas mit dem Rad machen, Jakobsweg oder so ähnlich. Aber mich hat dann die Mischung aus Abenteuer und Wettkampf so interessiert, dass ich dann bei den ersten 24h Rennen in der Umgebung teilgenommen habe. Und aus dem Hobby ist dann mehr geworden, als ich so Anfang 20 war.
Ein normaler und unspektakulärer Einstieg in den Sport also, ohne vorangegangene Dramen, ich war weder drogensüchtig, noch hatte ich Probleme, vor denen ich davonlaufen wollte, wie manchmal vermutet wird.

CA:

Du hast gesagt, die Kombination aus Abenteuer und Wettkampf ist die Faszination am Ultracyling. Was hat dir den absoluten letzten Kick gegeben, um diesen Weg einzuschlagen?

(c) Lupi Spuma

(c) Lupi Spuma

Christoph Strasser:

Das ist sicher das Teamerlebnis. Denn ohne ein Team wäre das ganze nicht machbar. Das Team unterstützt dich, du bist immer mit deinem Team unterwegs. Teilweise ist es lustig und es läuft der Schmäh. Aber du hast jemanden, auf den du dich verlassen kannst. Bei Radmarathons wie dem Ötztaler bist du eigentlich immer auf dich allein gestellt, auch wenn du in einer Gruppe fährst, und beim RAAM ist einfach das Team enorm wichtig für den Athleten. Natürlich gibt es auch diese „Unsupported“ Rennen, wo man mit Rucksack, Packtaschen und dem ganzen Gepäck, Ersatzmaterial und Proviant unterwegs ist. Das kann man aber gar nicht vergleichen, denn im unsupported Bereich hast du niemanden, der dir durch schwierige Phasen hilft, wenn du grade emotional unten bist. Ich habe immer ein Team um mich, das mich aufbaut, das mir durch solche Abschnitte durchhilft.

CA:

Du hast auch immer über Inspiration gesprochen, deine Vorbilder hast du ja bezeichnet mit Wolfgang Fasching und später auch mit Jure Robic. Wie ist es dann eigentlich für dich, wenn du selbst Vorbild wirst, denn das bist du für Einige sicher schon geworden?

Christoph Strasser:

Zu 80% ist es eine Ehre, ganz klar. Aber manchmal ist es auch sehr anstrengend, denn mir ist es wichtig, dass ich auch mal Mensch sein kann, dass ich mich nicht immer vorbildlich verhalte. Ich bin ja auch nur ein Mensch. Dass wir heute ein paar Minuten zu spät gekommen sind, war auch nicht sehr vorbildlich. Aber das kann leider passieren. Sorry. Ich versuche das schon auch zu trennen, mein sportliches und mein privates Leben. Wenn ich mit Freunden unterwegs bin, will ich nicht zwingend fotografiert werden. Ich möchte es zum Beispiel nicht, dass mir Leute gerade in den Momenten, in denen ich die Gabel zum Mund führe, auf die Schulter klopfen und nach einem Foto fragen. Wenn ich im Dress bin oder einen Vortrag halte, dann bin ich gerne das Vorbild, aber privat soll eben auch privat sein.

CA:

Ist es da vielleicht eher auch ein Vorteil, dass du in einer Randsportart unterwegs bist, und du bist nicht so vergleichbar mit den Fußball- oder Skistars?

Christoph Strasser:

Ja, da bin ich echt froh, ich möchte mit diesen Leuten nicht tauschen. Ich möchte es nicht, wenn mich jeder auf der Straße erkennt. Ich genieße mein Privatleben. Natürlich ist es schön, dass ich aufgrund meiner eingeschränkten Prominenz einige Kontakte bekomme, sich Türen öffnen, die sonst verschlossen wären. Aber ich mag es eben auch, einfach mal nur privat zu sein. Aber es ist trotzdem schön, wenn man ein „Danke“ bekommt von Leuten, die sich von dir inspiriert fühlen. Wenn mir jemand eine Zeichnung seines Kindes schickt, die mich zeigen soll, freue ich mich sehr. Oder es hat auch schon Leute gegeben, die dank eines Vortrags von mir mit dem Rauchen aufgehört haben und dann einen Halbmarathon gelaufen sind.

CA:

Was sind für dich, egal ob beim RAAM oder beim Race Around Austria, die schönsten Momente, was gibt dir Berge, um jetzt mal bei diesem Bild zu bleiben?

(c) Lupi Spuma

(c) Lupi Spuma

Christoph Strasser:

Einerseits sind es sicher die Erlebnisse in der Natur, wenn du gerade auf einer Bergkuppe einen Sonnenaufgang erlebst, die Murmeltiere pfeifen nur dir allein zu, weil niemand sonst auf der Straße ist. Sonnenuntergänge in Amerika suchen auch Ihresgleichen. Andererseits gibt’s auch die Momente, wo du, um jetzt dieses blöde Wort zu strapazieren, im „Flow“ bist, wir haben gute Musik, wir haben gute Stimmung, du merkst, das Training des letzten Jahres zahlt sich aus und die Leute haben ihren Spaß. Immer dann, wenn du merkst, dass sich deine Arbeit belohnt macht, das sind die ganz besonderen Momente.

CA:

Du hast es vorher und auch in deinem Vortrag wie auch in deinem Buch erwähnt, das Team ist ganz enorm wichtig. Du bist dann zwar der Protagonist im Mittelpunkt, aber du siehst dich nur als Teil des Teams, und die Entscheidungen treffen dann andere für dich. Wie ist es für dich, wenn du nicht mehr alles unter Kontrolle hast? Natürlich gibst du an dein Team die Verantwortung ab, aber damit gibst du gleichzeitig auch die Kontrolle ab. Wie fühlt sich das an?

Christoph Strasser:

Ich habe wohl von Natur aus ein gewisses „Urvertrauen“ in die Leute, die ich mir gut ausgesucht habe. Diese Leute kenne ich fast alle schon lang, oder die Leute, denen ich vertraue, kennen diese schon lang. Es gibt nichts Schlimmeres bei einem RAAM als Unstimmigkeiten im Team. Es hat ein Jahr gegeben, wo wir als Sieger ins Ziel gekommen sind, aber die Stimmung im Team schon etwas angeknackst war. Sie haben das alles professionell erledigt und ich habe davon nichts mitbekommen, aber im Nachhinein war das natürlich schon zu besprechen. Denn das trübt immer noch die Freude über diesen Erfolg. Ich bin ja eigentlich ein bisschen harmoniebedürftig. Aber ich kann mich sehr gut anvertrauen und die Kontrolle abgeben. Ich habe erlebt, dass viele Leute das nicht können, die sind teilweise echte Kontrollfreaks, aber das ist auch im Beruf nicht immer förderlich. Bergsteiger, die wochenlang in einem Berg hängen, können selbst am besten Einschätzen, wann es für sie am besten ist, bei Schlechtwetter aufzubrechen oder Ähnliches, aber beim RAAM ist es wohl der größte Fehler, alles selbst entscheiden zu wollen.

Für mich ist es kein Zeichen von Schwäche, die Kontrolle abzugeben, sondern ein Zeichen von Stärke.

CA:

Wir haben ja auch die Liveeinstiege zum RAAM verfolgt, da konnten wir feststellen, dass sich dein Team gegenseitig auf die Schaufel genommen hat, sich gegenseitig ein wenig „verarscht“ hat, aber das war nie gehässig, immer ein wenig liebe- und respektvoll. Da hat die Chemie gestimmt. Wie suchst du die Mitglieder deines Teams aus, was sind die Kriterien zur Auswahl?

Christoph Strasser:

Ich hatte über viele Jahre das gleiche Betreuerteam, was sehr von Vorteil ist. Aber natürlich gibt es auch im Leben der Teammitglieder Veränderungen und neue Prioritätensetzungen, das ist völlig logisch. Wenn ich dann also neue Leute fürs Team gesucht habe, bin ich immer zu meinen derzeitigen Betreuern gegangen und habe gefragt, ob die jemanden wüssten, der gut zu uns passen würde. Kennt jemand einen guten Sportarzt? Ich habe ja einen Pool von 20 bis 30 Leuten, die mich bei diversen Rennen begleiten, da gibt es dann oft jemanden, der jemanden kennt. Das Fachliche kann man sich ja immer aneignen, das ist meistens kein Problem, aber einen Tick oder einen Egoismus abzulegen, das ist sehr schwierig möglich. Und auch die Betreuer sind ja oft in Stresssituationen, das Ganze über acht Tage. Da wird’s noch schwieriger.

Wichtig wäre es auch, dass diese Leute nicht zu mir aufschauen, sondern wir müssen uns auf Augenhöhe treffen, diese Leute müssen sich auch trauen, mir einen Arschtritt zu verpassen.

CA:

Wie sehen Teambuildingmaßnahmen bei euch aus?

Christoph Strasser:

Wir machen das nicht mit einem Trainer, sondern wir treffen uns für ein Wochenende auf einer Almhütte, besprechen ganz viele Sachen und grillen am Abend.

CA:

Du hast schon so viel erreicht, ich kann das alles gar nicht aufzählen. Welche Ziele bleiben dir noch so?

Christoph Strasser:

Ich habe definitiv noch ein ganz großes Ziel, das wäre der sechste RAAM-Sieg. Ich habe nie geglaubt, dass ich mal soweit komme. Nach dem zweiten Sieg, der bereits unter acht Tagen war, habe ich mir schon die Sinnfrage gestellt. Nach dem vierten Sieg wollte ich natürlich mit Jure Robic gleichziehen und den fünften Sieg landen. Da mir das geglückt ist, strebe ich eben jetzt meinen sechsten Sieg an. Und ich könnte mir auch vorstellen, irgendwann mal die 1000 km in 24 Stunden anzugehen. Das ist aber noch ganz weit weg. Auf der Bahn ginge es physikalisch natürlich, aber vom Kopf her nicht, denn diese ewige Wiederholung macht dich im Kopf ganz fertig. Aber es gibt auch tolle Outdoorbahnen, die sind etwa 600 Meter lang und haben einen top Belag, die Wetterlage müsste passen, die Saison müsste ich daran ausrichten, aber es wäre noch ein Ziel.

Der Sport gibt mir derzeit so viel, und es gibt so viele Rennen, die mich noch reizen. Aber ich bin sicher schon in der zweiten Hälfte meiner Karriere angelangt. Solang die Begeisterung noch da ist, mache ich noch weiter. Wenn man an Roger Federer denkt, der hat schon alles erreicht im Tennis, doch er spielt immer noch weil es ihm so große Freude bereitet.

CA:

In einem Interview hat dein Namensvetter Michael Strasser (Anm: Weltrekordler Cairo2Cape und Ice2Ice – Alaksa-Patagonien) gesagt, dass er sich als überdurchschnittlich leidensfähig bezeichnet, ja fast schon als Masochist. Wie würdest du dich da sehen?

Christoph Strasser:

Masochist bin ich sicher keiner, das sicher nicht. Ob ich übermäßig leidensfähig bin, kann ich nicht sagen, denn ich weiß nicht, welche Schmerzen andere Personen in der gleichen Situation haben. Natürlich gibt es Leute, die auffällig viel jammern, aber vielleicht liegts auch am Training. Ich bereite mich sehr gewissenhaft vor und vielleicht habe ich deshalb verhältnismäßig wenige Schmerzen. Es gibt Leute, die kommen ins Ziel und sagen, es geht ihnen sehr gut, die haben nicht alles gegeben. Wenn ich ins Ziel komme, habe ich oft Mühe, mich auf den Beinen zu halten, ich falle fast um, weil ich mich so verausgabt habe. Wenn es nicht dein Hobby ist, dann musst du im Ziel fertig sein, sonst hast du noch Reserven.

Früher haben die Leute sehr hart gearbeitet, körperlich, und es wurde kaum gejammert. Ich sehe es eher von dieser Seite her.

CA:

Du hast erwähnt, dass der Fairplay-Gedanke im Ultracyclingsport sehr wichtig ist. Du beschreibst ja in deinem Buch, dass der offizielle Kommissär bei deinem 24h Bahnweltrekord der damalige aktuelle Weltrekordler war, und Marko Baloh dir die Schlüssel sozusagen übergeben hat.

Christoph Strasser:

Anfangs wars natürlich klar, wenn man nicht um den Sieg mitfährt, dann hat man auch keine Motivation, jemand anderem zu schaden. Man fährt ja fast immer für sich allein, direkte Duelle kommen kaum vor, das nimmt auch den Konkurrenzdruck raus. Und es gibt ja keine Preisgelder.

2012 beim RAAM war die Situation mit Reto Schoch ein wenig anders, da gabs sehr viele Anfeindungen. Wenns um den Sieg geht, wird natürlich mit härteren Bandagen gekämpft. Aber grundsätzlich wird der Fairplay-Gedanke groß geschrieben, es gab noch keinen positiven Dopingtest.

Es gibt ja auch immer wieder weiter hinten Platzierte beim RAAM, die ihre Geschichte toll verkaufen können, Michael Nehls beispielsweise war damals unter Ferner liefen, hat aber ein Buch über seine Erfahrungen und seine andere Herangehensweise bei der Schlaftheorie geschrieben und das hat sich sehr gut verkauft und er wurde auch für viele Vorträge gebucht. Jure Robic hat sich hingegen kaum vermarkten können. Man muss es halt auch mögen, sich auf eine Bühne zu stellen und vor mehreren Hundert Leuten einen Vortrag zu halten.

Der Unternehmer Christoph Strasser

CA:

Das bringt mich zu meinem nächsten geplanten Schwerpunkt, nämlich auf Christoph Strasser als Unternehmer. Du lebst ja inzwischen davon, aber da es kein Preisgeld gibt, muss du dir alles selbst erarbeiten, die Sponsoren suchen, die Vorträge organisieren, du wirst dann auch von Firmen gebucht. Du hast den Onlineshop aufgebaut. Wann ist der Entschluss gekommen, dass du deinen Lebensunterhalt damit bestreitest?

(c) www.christophstrasser.at

(c) www.christophstrasser.at

Christoph Strasser:

Das war nach dem ersten RAAM-Erfolg 2011. Auch hier gibt es wieder Vorbilder, wie zum Beispiel Roger Federer, der jetzt eigentlich DER Botschafter seines Sports ist, und auch Wolfgang Fasching, der sich mit dem Sport über die letzten Jahre einen Beruf erarbeitet hat, der viele Vorträge gibt, der schon viele Bücher geschrieben hat.

Ich hatte gestern Nachmittag einen Vortrag mit Nachwuchssportlern im Leistungszentrum Rif, wo es darum ging, wie ich mich in der Öffentlichkeit positioniere, wie ich aus meinem Namen eine Marke mache. Und wie macht man das, wenn man keine Unterstützung von einem Verband oder der Sporthilfe hat. Dabei hat es mich sehr überrascht, dass sich Sportler, die in diversen Kadern bei größeren Verbänden sind, um fast nichts mehr kümmern müssen, die haben kaum etwas anderes zu tun als zu trainieren. Den Fußballprofis werden die Schuhe geputzt, denen wird ein Sponsorvertrag angeboten, und er muss nichts tun außer Kicken. Das ist aber nicht nachhaltig.

Bei uns ist es so, dass wir mittlerweile beide davon leben, es ist also ein zweiter Arbeitsplatz entstanden für Sabine. Hier muss man sich selbst viel erarbeiten, aber es ist teilweise sehr mühsam, sich nach fünf Stunden Training noch selbst alles zu machen. Aber man lernt damit sehr viel für das gesamte Leben, da geht es nicht mehr nur darum, schnell Radzufahren. Es macht sich halt bezahlt, wenn man lernt, wie man vor anderen Leuten spricht, wie man mit Leuten umgeht.

CA:

Ist es für dich eher eine Belastung, dir alles selbst erarbeiten zu müssen oder gibt dir das eine gewisse Freiheit, weil du dein Leben selbst einrichten kannst?

Christoph Strasser:

Wenns schlecht läuft, ist es eine Belastung. Als ich 2015 ausgeschieden bin beim RAAM, und auch 2016 dann eine sehr durchwachsene Saison war, die dann ja mit dem Autounfall ein richtiges Seuchenjahr war, geht dir die Basis ein wenig verloren.

Bei mir ist es so, wenns gut läuft, dann läufts auch finanziell, und wenns schlecht läuft, dann hast du oft Angst, dass alles ein wenig zerbricht. Viel Geld zum Wegsparen gibt’s nicht, aber es geht sich derzeit gut aus, aber es kann sich alles auch schnell ändern.

CA:

Du hast mir schon die nächste Frage vorweg genommen, es geht sich aus, aber reich werdet ihr beide nicht damit, oder?

Christoph Strasser:

Reich ist der, der die Dinge machen kann, die ihm Spaß machen und eine Freude bereiten, und der seine Bedürfnisse erfüllen kann und nicht einer der Geld hortet. Jeff Bezos, der Amazon-Eigentümer, ist wohl nicht sorgenfrei, auch wenn er sehr viel Geld hat.

CA:

Hast du dein Buch selbst geschrieben oder hast du einen Ghostwriter gehabt? Oder hast du dir das gemeinsam mit einem Lektor vom Verlag erarbeitet?

Christoph Strasser:

Ich habe da keine Scham, zu sagen, dass ich das gemeinsam mit einem Autor geschrieben habe. Es ist sicher nicht alles von mir, aber doch sehr viel. Es ging viel mit Interviews, wir haben einen roten Faden festgelegt und dann haben wir losgelegt. Wir haben das bewusst nicht chronologisch geordnet, weil es sonst vielleicht langweilig geworden wäre, deshalb gibt’s auch diese Zeitsprünge. Und wir haben auch besprochen, welche Anekdoten kommen rein, welche nicht. Manche Geschichten sind gekürzt worden, manche sollten länger sein. Aber diese Geschichten habe ich fast alle umformuliert, denn es sollte schon in meinen Worten geschrieben sein. Es war halt ein Hin und Her von vielen E-Mails.

CA:

Wie lange hat der Prozess des Schreibens gedauert?

Christoph Strasser:

Vor dem RAAM 2018 haben Egon Theiner und ich ca. drei Viertel schon gehabt, und nach dem RAAM haben wir uns noch drei Wochen ganz intensiv damit beschäftigt. Wir haben also ca. vier Monate daran gearbeitet. Vieles hatte ich ja in den Jahren davor schon aufgeschrieben und diese Notizen gesammelt. Deshalb ging es eigentlich sehr schnell. Sabine hat auch mal meinen Vortrag transkribiert, das sind auch schon mal fast 20 Seiten.

Der Mensch Christoph Strasser

CA:

Ich muss sagen, das Buch hat mich schon gefesselt, ich habe es in zwei Tagen ausgelesen gehabt. Du beschreibst dich in diesem Buch aber auch als Mensch hinter dem Sportler und Unternehmer. Der Christoph Strasser ist schon mehr als nur dieser Radfahrer. Du bist sogar ein kleines Bisschen ein Romantiker, ein Weltverbesserer, liege ich hier richtig?

Christoph Strasser:

Ja, das ist schon richtig, das war ich aber früher auch noch viel deutlicher, weil jetzt bin ich schon sehr aufs Radfahren fokussiert. Aber ich habe meinen Zivildienst abgeleistet, ich habe ein Umweltschutzstudium begonnen, denn es hat mich schon immer interessiert, warum der Mensch den Planeten, den er bewohnt, zerstört. Wie kann man das System aufbrechen? Aber leider sind wir in einer sehr bedenklichen Situation, wir sind an einem Punkt angekommen, an dem es schon haarig wird.

Und ich habe früher auch meine Eskapaden gehabt, das gehört sicher auch zum Erwachsenwerden dazu. Ich bin kein perfekter Mensch, aber ich habe mich trotz meiner Schwächen zu einem guten Radfahrer entwickelt.

Ich wollte ja immer einen Beruf machen, in dem ich anderen Menschen helfe, deshalb auch mein Zivildienst, und jetzt bin ich nach außen hin der totale Egoist, aber das stimmt so nicht. Wenn ich lese, dass ich andere Leute auf meine Anregung hin Gedanken machen, dann habe ich eben ein anderes Tool gefunden, um „sozial“ tätig zu sein.

CA:

Christoph Strasser ist ein Mensch mit Ecken und Kanten und nicht rundgelutscht, kann man das so sagen?

Christoph Strasser:

Natürlich weiß ich, dass ich mich in der Öffentlichkeit professionell verhalten muss, aber ich steh auch dazu, dass ich normal bin und meine Schwächen habe.

CA:

Du bist viel Unterwegs und auch zeitlich sehr eingespannt durch Rennen, Training und Vortragsreisen. Wie ist das so in der Partnerschaft? Da muss doch einerseits ein starkes Band da sein, eine innige Beziehung und sehr viel Verständnis, noch dazu, wo Sabine ja auch davon lebt.

Christoph Strasser:

Das sollte jetzt vielleicht Sabine beantworten.

Sabine Prager:

Es funktioniert nur, wenn du die Begeisterung mit deinem Partner teilst, wenn du das gleiche Ziel hast. Trotzdem muss und darf jeder sein eigenes Leben weiterführen. Ich bin keine Frau, die ihre eigenen Ziele dann vernachlässigt, bei uns hat es sich gut ergeben, dass wir beide das gleiche wollen. Trotzdem hab ich mein eigenes Leben abseits vom Radsport und Christophs Karriere. Ich habe studiert, viele Jahre woanders gearbeitet und nebenei Schritt für Schritt mit Christoph die Firma und die Karriere vorangebracht. Viele glauben auch, man muss dann im Sport genauso aktiv sein, wie der Partner. Das ist definitiv nicht der Fall, ich fahre auch Rennrad, aber nur zum Spaß und locker, ohne Ambitionen.
Es funktioniert nur, wenn man sich selbst nicht immer so wichtig nimmt, man muss seine eigenen Interessen auch mal ein wenig zurückstellen. Während des RAAM habe ich auch mit dem Onlineshop sehr viel Arbeit, aber das passt so. Wir müssen am gleichen Strang ziehen. Andere gehen ins Büro und gehen dann noch trainieren, das ist vielleicht noch ein wenig härter.

Christoph Strasser:

Während ich das RAAM am Rad habe, hat Sabine das RAAM im Office, weil das natürlich die stressigste Zeit des Jahres im Onlineshop ist.

Sabine war schon oft dabei, aber beim RAAM war sie bewusst noch nie dabei. Ich möchte nicht, dass Sabine das sieht, wenn es mir so richtig dreckig geht. Sie würde es vielleicht schon aushalten, aber ich möchte ihr das nicht zumuten. Einem Arzt, den ich nicht so intim kenne, dem mute ich das zu, der weiß auch, worauf er sich einlässt. Mir ist es aber auch wichtig, dass ich weiß, zuhause läuft es und wir telefonieren regelmäßig.

Sabine Prager:

Ich möchte auch nicht dabei sein, das ist völlig in Ordnung. Ich habe meine Aufgaben im Office, die sehr vielfältig sind, ob es der Onlineshop ist oder die Medienbetreuung. Das mache ich alles persönlich, das macht kein Chatbot, der die eingehenden E-Mails beantwortet.

Christoph hat aus pragmatischen und logistischen Gründen reine Männerteams, zudem hat es sich in den letzten Jahren einfach auch so eingespielt, dass das Team nur aus Männern besteht. Die Anwesenheit einer Frau ändert das Verhältnis der Männer untereinander sehr, und da könnte ich auch zu einem Störfaktor werden. Das hat weder mit Emanzipation zu tun, noch damit, dass die eigene Freundin doch mit muss. Das ist eine falsche Herangehensweise, die einigen schon Team-intern zum Verhängnis wurde. Ein Team funktioniert oder nicht, unabhängig vom Männer/Frauenanteil. Man muss einfach „Sein“ Team finden.

Christoph Strasser:

Es ist auch eine Stärke von Sabine, dass sie da einen Schritt zurücktreten kann.

CA:

Bei euch funktionierts ja sehr gut, seit 2006, wie man sieht.

Was machst du eigentlich in deiner Freizeit, wie findest du deinen Ausgleich? Wir sitzen im Büro und machen den Sport als Ausgleich, du machst den Sport beruflich, du wirst nicht zum Ausgleich auch noch sporteln, oder?

Christoph Strasser:

Ich habe zum Beispiel das Schreiben des Buches als Ausgleich verstanden, das war zwar herausfordernd, aber es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Lesen finde ich auch sehr spannend, wenn der Lesestoff gut ist. Faul herumliegen mache ich auch sehr gerne, da kann ich mich sehr gut entspannen.

Ausgleichssport mache ich keinen, ich bin da sehr untalentiert. Nach dem Wandern tut mir am nächsten Tag alles weh. Ich bin zwar im Radfahren sehr gut, aber bei den anderen Sportarten bin ich dadurch sicherlich viel schlechter geworden.

Aber ich bin ein großer Tennisfan, die ATP Finals in London sind beispielsweise auf dem Reiseplan.Ich genieße es auch, einfach gute Freunde zu treffen, meinen Garten ein wenig zu bewirtschaften.

CA:

Liebe Sabine, lieber Christoph, danke fürs Gespräch, es war sehr aufschlussreich.

Signiertes Buch und Kappe – Verlosung

Chrstioph hat uns für eine Verlosung unter unseren Bloglesern eines seiner Bücher signiert und eine Kappe. Alle, die unseren Facebook-Beitrag (auf unserer Seite) zu diesem Artikel bis 9.12.2018 liken und kommentieren, wem Sie aus diesem Buch vorlesen wollen, nehmen an der Verlosung teil. Dieses Gewinnspiel steht in keiner Verbindung zu Facebook. Eine Barablöse ist nicht möglich und der Rechtsweg ausgeschlossen. Der/die Gewinner/in wird mit einer Facebook-Nachricht verständigt und in den Kommentaren zum Post genannt.

Ein Beitrag von:
Alexander Trauner
Gemütlicher Österreicher, aufgewachsen in der rauhen Gegend am Fuße der Großglockner Hochalpenstraße, wohnhaft in Salzburg. Früher nur Passivsportler, dann 2008 dank großer Klappe zum Radfahren gestoßen, 2009 mein erstes Rennrad gekauft und seither gerne im gemäßigten Tempo in der Gegend unterwegs.
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