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Und es ist ein… Scott Foil

Wie lange hält Carbon? 5 Jahre, 7 Jahre, ewig? Kein Ahnung und auch egal, ich wollte mal ein neues Rennad. Kein Klapprad, kein Zeitrad, sondern ein Rad für das, was ich am liebsten mache: schnell auf der Strasse fahren und gerne auch bergauf.

Warum ein neues Rad?

scott-foil-2016-test-rahmenDamit wäre auch gleich eine der vielen, und in diesem Fall einfachen, W-Fragen beantwortet: Warum? Weil “will haben”, ist halt ein Hobby. Die nächste war auch schnell beantwortet: Wann? …gleich. Warum warten, wenn man mit neuem Gerät gleich noch lieber auf‘s Rad steigt. Diesen Ansporn kann ich aktuell gut gebrauchen, da ich beruflich viel unterwegs bin.

Was will ich eigentlich?

scott-foil-2016-test-dura-ace-c50Dann folgte aber gleich die um so schwierigere Frage: Was? Zu ersetzen galt es ein Cervelo RS, Campa Record 10-fach mit Shamals. Obwohl mir dieses Rad bis heute sehr gute Dienste leistet, sollten die Komponenten doch ganz anders aussehen. Das war von Anfang an klar. Ich bin in letzter Zeit recht genervt von den Campagnolo-Eigenheiten und -Preisen, daher sollte es eine elektrische Dura Ace werden. Bei den Laufräder hatte ich mich schon lange in die Clincher Variante der Dura Ace C50 verguckt. Die sind zwar nicht gerade leicht, sehen aber einfach gut aus und damit kann man sicher nichts falsch machen. Alu-Bremsflanken haben sie auch, was mir wichtig ist. Tja, aber der Rahmen? Cervelo kam u.a. aufgrund einer Odyssee mit dem Rahmen meines Zeitfahrrads (ist jetzt ein P3, nachdem der 6. Austausch-P2-Rahmen (altes Modell) nicht in Ordnung war und Cervelo wenig Kulanz zeigte) nicht mehr in Frage, von der aktuellen Optik ganz zu schweigen.

scott-foil-2016-test-dura-ace-c50-vorderradDie Entscheidungsfindung hat auf den Ligurienreisen im Frühling 2016 einiges an Zeit für Diskussionen mit Lukas und vor allem jede Menge seines italienischen UMTS-Datenvolumen gekostet. Der Wunschkandidat war schließlich das Pinarello Dogma, das mir aktuell von der Form her am meisten zusagt, sich allerdings – nachdem ich es von Händler hatte durchrechnen lassen – als Rad der 12000 Euro-Klasse (abgesehen von Rahmen zu Einkaufspreisen!) als No-Go entpuppte. Mit so einem Rad traue ich mich nicht auf die Strasse und will es letztlich auch nicht. Denn im Grunde kann ich mich mit dem Jaguar unter den Rennrädern ja doch nicht identifizieren. Aber ich bleibe dabei: Die Optik und und auch die Technik sind top!

scott-foil-2016-rennrad-testNach weiterem Suchen, Befürworten, Verwerfen und Abwägen von Pros und Cons bin ich dann beim Scott Foil (Modell 2016) gelandet. Das hatten wir schon bei den ersten Überlegungen in die engere Auswahl gezogen, da mir das ältere Scott Foil (Model 2013) von Lukas eigentlich auch ganz gut gefällt. Zwischenzeitlich hatte ich es wieder von der Kandidatenliste gestrichen, vor allem wegen der – meiner Meinung nach – unnötig unter dem Tretlager verbauten Bremse und dem mitgelieferten voll integriertem Aero-Lenkervorbau. Am Ende ist es dann aber dieses Scott Foil geworden.

scott-foil-2016-test-vorbauDas Rahmenset gibt es dann tatsächlich doch ohne den vollintegrierten Vorbau-Aero-Carbonlenker, d.h. nur mit normalen Vorbau. Naja, normal heisst in diesem Fall passend zum Rahmen (in Farbe und Form), aber insbesondere auch mit völlig unnötiger und ungewöhnlicher 1 ¼-Klemmung am Gabelschaft und fixer Vorbaulänge. Aber gut, die Sattelstütze ist ja auch vollintegriert. Zumindest konnte ich mir so meinen Lenker aussuchen. Ich bin bei allen Anbauteilen Fan von Syntace, die Sachen sind einfach von super Qualität. Leider bleibt bei diesem Rad dafür nur am Lenker Platz. Ach ja, meine Rahmenvariante gab es dann auch nur im „einfacheren“ Carbon (was wohl eher ein Dysphemismus ist, weil „einfacher“ hier auf höchstem Niveau liegen dürfte), was das Rahmenset knappe 200g schwerer macht. Auch die Farbe ist nun neongelb und nicht grün, wie ich es ursprünglich geplant hatte. Am fertigen Rad finde ich das Gelb jedoch letztendlich super.

Wo kaufen?

scott-foil-2016-test-radDie nächste W-Frage (Bei wem kaufe ich?) war zum Glück schnell beantwortet: bei meinem Radhändler um die Ecke. Da er nicht ständig individuelle Rennräder schraubt, hatte er Spaß an dem Projekt und kam mir preislich auch sehr entgegen. So musste ich mein gesetztes Budget nicht sprengen, was ich schließlich bei etwa 8000 Euro gesetzt hatte (Aua, aber „ist ja ein Hobby“).

Auf die elektrische Schaltung habe ich dann aber doch verzichtet. Passenderweise hatte Lukas gerade das Thema in seinem Blog auseinandergenommen. Er schreibt so ziemlich das, was auch meine Gedanken zu dem Thema sind. Insbesondere finde ich die klassische Schaltung optisch deutlich schöner und am mechanischen Rad elektronische Komponenten nur beim „messen“ gut. Aber zugegebenermaßen, nachdem ich auf Maikes Rad saß, muss ich zugeben, so eine Utlegra Di2 schaltet schon verdammt gut.

scott-foil-2016-test-innenliegende-kabelFertig war das Rad recht schnell, obwohl ich meinen Radhändler einige Male beim Verlegen der innen liegenden Züge habe fluchen hören. Da gibt es wohl im Rahmen nicht so viel Kabelführungen, die das Verlegen leichter machen würden. „Mit der dicken LED vom Segelschiff“ konnte er dann aber doch etwas im Rahmen sehen, um die Züge zu verlegen.

Wer knackt denn da?

Das Rad sollte gleich mit in den Urlaub, aber nach dem Zusammenschrauben konnte ich zum Glück noch eine Woche Proberunden drehen. Denn wenn die Sattelstütze mit der sehr eleganten Klemmung (siehe Bild) – mit einer Schraube in der Abdeckkappe, die in die Sattelstützenschraube geschraubt wird! -, nicht 1. sehr großzügig mit Montagepaste und 2. mit sehr großzügigen 5+Nm festgezogen wird, rutscht sie kleineren Strassenunebenheiten gerne langsam nach unten. Merkwürdiges Gefühl, wenn das passiert.

scott-foil-2016-test-zuegeUnd dann war da noch so ein Knacken beim Bremsen. Das war leider eine längeres Gebastel:

Zum einen war tatsächlich der Dura Ace-Bremshebel defekt. Bei (den teureren) Dura Ace Komponenten ist der Großhändler sehr kulant. Der Bremshebel (und auch das Vorderrad, das einen Lackfehler hatte – übrigens netterweise sind die Aufkleber an den Rädern unter dem Klarlack) waren innerhalb weniger Tage mit Kurierversand getauscht. Zum anderen knackte es im Steuerlager („das kenne ich doch vom Cerveolo RS? :-). Steuerlager fester machen, tat es leider nicht, so dass dies durch ein „unsicheres Gefühl“ leider ein paar Urlaubstouren vermasselt hat – wer mag schon beim Bergabfahren einmal Knacken beim Bremsen und dann nochmal Knacken beim loslassen? scott-foil-2016-test-sattelklemmungAuch eine Odyssee auf der Suche nach einem Spacer für einen 1 ¼-Vorbau für ein paar eigene Reparaturversuche im Urlaub hat es nicht vereinfacht (am Ende hatte nur ein Scotthändler die passenden Foilspacer, sonst war nichts zu bekommen). Zuhause war das Problem mit viel dickem Fett im Steuerrohr an den richtigen Stellen aber zum Glück schnell behoben.

Wie ist es denn nun?

Nun fährt mein Rad und ich kann erklären, warum ich das hier eigentlich schreiben sollte (oder Lukas? :-) das W in „wie“. Wie fährt es sich. Da fällt mir spontan nur ein Unwort ein, geil… Abgesehen von den Kleinigkeiten, die ich lang(weilig) mal aufgeschrieben habe, hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass ich da eine echt flotte, sportliche, steife und trotzdem bequeme Rennmaschine unterm Hintern habe. Die erste 200 km-Tour war kein Problem. Und auch 60km/h Seitenwindböen bei uns an der Küste sind unproblematisch, sowohl mit dem Rahmen als auch mit den Laufrädern. Auf das Fahrgefühl mit den Laufrädern bei starkem Wind war ich besonders gespannt. scott-foil-2016-test-bremseJa, gut festhalten muss man schon, aber auch mit den Böen von der Seite lässt sich das Rad trotzdem noch stabil fahren – auch wenn ich ein paar Mal mehr auf dem Radweg gefahren bin als üblich. Ach, und wenn der Wind von vorne kommt, hatte ich bei der Rahmen-Laufradkombi das Gefühl, es saugt sich in den Wind. Also top!

Bergauf und bergab konnte ich es leider noch nicht viel testen, nur auf einer Tour im Emmental (extrem schön) und auf den Chasseral (der Berg mit der vermutlich schönsten Ausicht!). Auch hier lief es eigentlich auf Anhieb noch besser als mit meinem alten Rad. Vermutlich merkt man einfach den Generationsunterschied nach 6 Jahren.

Scott Foil – das Fazit

Nach der schwierigen Suche nach einen einem Hersteller und einem Rahmen, mit denen ich was „anfangen“ kann und den – zu ausführlich – beschriebenen Kinderkrankheiten, die bei individuellen Zusammenbauten wohl normal sind, ein Hammerrad. Passt, sieht gut aus, fühlt sich gut an, würde ich so weiterempfehlen. Aber natürlich ist es als Aerorad kein Leichtgewicht – vor allem die Laufräder sind nicht die leichtesten, was man beim Beschleunigen schon deutlich merkt – aber dafür passt die Optik doppelt. Und billig ist es auch nicht – wie gesagt – ist ja ein Hobby :-)

scott-foil-2016-test-sitzdomNur ein paar Punkte sind auf der nicht ganz ideal Seite zu verbuchen:

  • Die Sattelstütze muss man mit mehr als der Angabe festziehen, sollte man vielleicht auch so vermerken, für so übervorsichtige Naturen wie mich.
  • Die mitgelieferte Sattelklemmung kann nur runde Sattelstreben klemmen. Für ovale Carbonsattelstreben (ich habe den Fizik Arione R1) muss man extra Klemmschalen nachkaufen.
  • Warum muss man eine 1 1/4“ Vorbauklemmung erfinden?
  • Eine Bremse unter dem Tretlager – naja. Bin gespannt, wieviel Schmutz die fängt.
  • Die Verlegung der Züge ist wohl sehr frikelig, aber das hat ja mein Radhändler gemacht.
  • Der Felgenstoß der Laufräder ist nicht besonders eben, insbesondere beim Vorderrad merkt man das anfänglich stark beim Bremsen. Aber auch da war das Austauschvorderrad besser. Scheint also qualitativ etwas zu streuen.
  • Bisher läuft die Schaltung, obwohl Dura Ace, nicht ganz „sauber“. Das wird aber wohl noch. Im Gegensatz zur alten Record und in Erinnerung an meine erste 105er hatte ich ein „einstellen und forget“ erwartet. Tatsächlich aber schaltet sie unter Zug anders als am Montageständer und läuft noch nicht geräuschfrei. Vermutlich Detaileinstellungssache.
  • Und wie bekommt man Ölflecken von der rauhen Lackoberfläche? MucOff  reicht leider nicht.

scott-foil-2016-test-sattelstuetzeWoran ich wohl abschließend noch basteln werde ist die Sitzposition, eine quasi ungekröpfte Sattelstütze ist schon als Sonderzubehör bestellt. Ich werde wohl nicht verstehen, warum die Sattelstützen ab Werk grundsätzlich so eine extreme Kröpfung haben müssen. Auch am Vorbau – ebenfalls als Sonderzubehör in passender Farbe und passendem Durchmesser erhältlich ;-) – werde ich wohl noch schrauben. Zumindest ist letzterer mit 50 Euro fast ein Schnäppchen. Die Sattelstütze kostet dann gleich mal 169 Euro.

So, jetzt freue ich mich gleich wieder auf die nächste Tour. Der Rest-„Sommer“ gibt ja hoffentlich noch ein paar schöne Tage her. Und richtig fahren werde das Rad nächstes Jahr in Ligurien und an der Cote-d‘Azur.

P.S.: Inzwischen ist die neue Sattelstütze im Rad und diese sitzt deutlich satter im Sattelrohr. Mit Carbonpaste knarzt es schon deutlich unterhalb der max. Drehomomentagabe. Also auch hier etwas Streuung.

Ein Beitrag von:
Frederik Wagner
In der IT abgestiegener, perfektionistischer Physiker «by training», der den Pragmatismus zu Lieben gelernt hat und mittlerweile am Alpenrand in Bayern heimisch. Als aus Berlin stammender halber Holländer 11 Jahre München überstanden – ja zum Radln ist’s da scho sche – und zwischendurch mal hinterm Deich gestrandet. Wind trainiert tatsächlich auch! Jedoch gerade beruflich – wen’s interessiert, Link ganz unten – viel unterwegs, darum leider nicht so viel auf dem Rad wie gewünscht. Netter Nebeneffekt: Ausrede für ’nen Bromptonkauf.
7 Kommentare
  1. Francis sagte:

    Hallo Frederik, danke für den informativen Beitrag, bin erst kürzlich darauf (und auf eure Seite insgesamt) gestossen, weil ich nach Infos zum 2016 Foil gesucht hab. Konnte mir nun grad eins aus zweiter Hand zulegen :-) Nähme mich darum nun wunder, wie du Vorbau/Lenker und Sattelstütze/Sattel inzwischen umgebaut/angepasst hast. Insb. bezüglich Sattelstütze könnte sein, dass ich gelegentlich auf ein gerades Modell wechseln möchte. Danke und Gruss Francis

    Antworten
  2. Frederik sagte:

    Hallo Francis,
    Glückwunsch zum zum neuen Rad!
    Inzwischen habe ich die „gerade“ Sattelstütze dran. In Wirklichkeit ist sie noch minimal gekröpft, jedoch gerade genug für mich. Ich komme damit wieder auf meine Sitzposition überm Tretlager. AmVorbau habe ich noch nichts gemacht, vermutlich belasse ich das auch so. Aber ich bin noch am Feintunen. Nach vorher 7 Jahren auf dem gleich Rad, finde ich es schwierig den perfekten Sitz wieder zu finden. Ist halt ein anderes Rad. Nach einigen Bergtouren jetzt merke ich, es ist tatsächlich mehr für flachere Gegenden gemacht. Da gehört es einfach hin, Geschwindigkeit in der Ebene. War aber klar :-)

    Viel Spass beim Radeln!
    Frederik

    Antworten
  3. Francis sagte:

    Hallo Frederik, danke für die Antwort. Mir wirds wohl ähnlich gehen mit dem Angewöhnen. War ziemlich spontan der Kauf, da ein (hoffentlich) super Angebot… Bin vorher 12 Jahre mehr oder weniger intensiv auf meinem eher billigen Scott Speedster rumgefahren. Welche Sattelstütze hast du den jetzt dran?
    Liebe Grüsse und viel Spass beim Fahren (hoffentlich nun endlich bei schönem Wetter)
    Francis

    Antworten
    • Frederik sagte:

      Die Sattelstütze ist ein Orginal-Ersatzteil (läuft also unter Syncros) in entsprechender Rahmenfarbe. Kann Dir ein Radhändler sicher bestellen. In ’nem Online-Shop habe ich das jetzt noch nicht gesehen. Produziert werden die vermutlich weiterhin von Ritchey (am Vorgängermodell waren es noch Ritchey gelabelte Sattelstützen) – die Sattelklemmung bekommt man tatsächlich als Ritchey Ersatzteil. Ich habe die ausgetauscht um einen Sattel mit ovalen Carbonstreben anzubringen.

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  4. Bernhard Weber sagte:

    Hy
    ich hab nun auch ein Foil , jedoch ein Premium mit Disc
    selbe Thematik mit Knacken beim Bremsen sowie wenn man am Lenker fest zieht beim Sprinten
    wo genau war dann die Stelle die dies verursacht hat?
    hab auch schon alles dick gefettet, jedoch bislang ohne Erfolg.
    Würd mich über Deinen Rat freuen !
    LG Berni

    Antworten
    • Frederik sagte:

      Hallo Berni,
      Glückwunsch zur Neuanschaffung!

      Soweit ich weiß hat der Radmechaniker damals unten am Steuerroher, also da wo sich das Steuerlager unten zwischen Gabel und Steuerrohr befindet, ordentlich gefettet. Aber genau weiß ich’s nicht, war nur froh als es weg war.

      Mehr kann ich Dir leider auch nicht sagen. Dennoch viel Erfolg! (und vllt. mal bei einem Scott Spezialisten nachfragen?)

      Gruß
      Frederik

      Antworten

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